An mehr als 77% der Verkehrsunfälle sind die Pkw-Fahrer selbst schuld!

Im Artikel „Die Unfallstatistik für Radfahrer im Tagesspiegel“ habe ich auf eine häufig zu findende Fehlauswertung von polizeilichen Unfallstatistiken aufmerksam gemacht, die in der Fahrradnewsgroup de.rec.fahrrad als „automatischer Schuldzuweiser“ bezeichnet wird. Dabei werden alle Unfälle unter Fahrradbeteiligung summiert und mit der Anzahl der durch Radfahrer verursachten Unfälle verglichen. Heraus kommt immer ein Verursacheranteil von über 50%, da auch Unfälle unter Radfahrern mit einfließen.

Die Formel ist folgende:

[Anzahl der Unfälle mit Radfahrerbeteiligung] / [Anzahl der durch Radfahrer verursachte Unfälle]

Doch wie sähe die Zahl für Pkw aus?

Eine gesonderte Statistik gibt es nur für Radfahrer, Fußgänger und bestimmte Altersgruppen. Die Gesamtunfallstatistik 2009 (PDF) hingegen ist ein schwammiges Dokument. Tatsächlich findet man auf den Webseiten der Berliner Polizei keine Zahlen über die Anzahl der Pkw-Unfälle, die beteiligten Verkehrsarten und die ermittelten Unfallverursacher.

Allerdings finden sich auf Seite 7 zwei Tortendiagramme, die nach Unfallbeteiligten und Unfallverursachern aufschlüsseln. Zunächst sei auf folgende Unterscheidungen hingewiesen: Es gab 124.992 Unfälle mit etwa doppelt so vielen Unfallbeteiligten. Es ist wichtig, zwischen beiden Werten zu unterscheiden.

Tortendiagramm Unfallbeteiligte 2009, stark vereinfacht, Daten aus der Polizeistatistik:

Unfallbeteiligte 2009

Tortendiagramm Unfallverursacher, stark vereinfacht, Daten aus der Polizeistatistik:

Unfallverursacher 2009

Aus den Tortendiagrammen kann man die benötigten Zahlen ableiten.

  1. Es waren 3,03% der Unfallbeteiligten Radfahrer, haupt- und mitverursacht wurden 3,23% der Unfälle durch Radfahrer. 77,5% der Unfallbeteiligten waren Pkw-Fahrer, 71,34% durch Pkw verursacht.
  2. Aus der Unfallstatistik für Radfahrer können wir ablesen, dass 7452 Radfahrer Unfallbeteiligte waren. Über eine einfache Verhältnisrechnung können wir also herausbekommen, wie viele Pkw unfallbeteiligt waren: 77,5*7452/3,03 = 190.604 unfallbeteiligte Pkw. (Interessante Nebeninformation: Dann gab es bei den 124.992 Unfällen also 245.940 Unfallbeteiligte, das entspricht einem Faktor von 1,97)
  3. Die Anzahl der Unfälle mit Pkw fehlt in der Unfallstatistik, hier muss geschätzt werden. Ein vertretbarer Fehler dürfte sich aus der Annahme ergeben, dass die Unfallgegner der Kraftfahrer in etwa den Unfallbeteiligten aller registrierten Unfälle entsprechen, also Pkw zu 77,5% mit anderen Pkw kollidieren.
  4. Aus Unfallbeteiligten kann man nicht ohne weiteres auf die Zahl der Unfälle schließen. 100 Unfälle zwischen Pkw und Radfahrern bedeuten 100 unfallbeteiligte Pkw. 100 Unfälle zwischen Pkw bedeuten 200 unfallbeteiligte Pkw. Um aus den 190.604 unfallbeteiligten Pkw auf die Anzahl der Unfälle zu schließen, muss man also einmal die Unfälle mit anderen Verkehrsteilnehmern herausrechnen und dann die mit Pkw.
  5. Unfälle zwischen Pkw gemäß Annahme aus Punkt 3: 190.604*77,5% = 147.718 Unfallbeteiligte. Entspricht 147.718/2 = 73859 Unfällen zwischen Pkw.
  6. Unfälle zwischen Pkw und anderen: 190.604-147.718 = 42886 Unfälle zwischen Pkw und sonstigen. Diese Zahl muss nicht durch 2 geteilt werden.
  7. 73859 + 42886 = 116.754 Unfälle mit Pkw-Beteiligung bei wohlgemerkt 124.992 Unfällen insgesamt.
  8. Da wir wissen, dass Radfahrer 4089 Unfälle verursacht haben, können wir über diese Prozentzahlen auch die Größenordnung der durch Pkw verursachten Unfälle ermitteln. 71,34*4089/3,23 = 90312 Unfälle wurden durch Pkw-Fahrer verursacht.

Wenn auch recht grob geschätzt (die prozentualen Angaben haben ja nicht viele Kommastellen), so haben wir nun Zahlen, um auszurechnen, wieviele der Unfälle mit Pkw-Beteiligung von den Kraftfahrern verursacht wurden. 90312 von 116.754 sind sage und schreibe:

77,3%

Achtung, wegen der vielen Annahmen im Rechenweg ist dieser Wert nur als Größenordnung zu betrachten. Irrtümer und Rechenfehler sind nicht ausgeschlossen (bitte unbedingt melden, wenn was nicht stimmt). Der größte Unsicherheitsfaktor besteht im Punkt 5 – es ist unbekannt, zu wieviel Prozent Pkw mit anderen Pkw verunglücken. Diese Zahl hat den größten Einfluss auf das Endergebnis.

29 thoughts on “An mehr als 77% der Verkehrsunfälle sind die Pkw-Fahrer selbst schuld!

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  1. Eins sollte dabei auch nicht vergessen werden. Hauptunfallursache im deutschen Straßenverkehr ist Unachtsamkeit/Unaufmerksamkeit. Sicher ein schwammiges Wort. Aber es weist auch auf etwas hin, was gerne bei den Statistiken vergessen wird. Auch die „NICHTVERURSACHER“ tragen regelmäßig (eine unerkannte bzw. nicht berücksichtigte) Schuld an den Unfällen.

    Wie?

    Ganz einfach. Klassisches Beispiel, der LKW, der tote Winkel und der Radfahrer. Der Lkw biegt ab, der Radfahrer wird nicht gesehen und überfahren. Wäre dieser Radfahrer nun Achtsamer oder Aufmerksamer gewesen, wäre er nicht in den toten Winkel des Lkw gefahren und wäre noch gesund. Sicherlich muss dazu meist der Radfahrer von seiner Vorfahrt zurückstehen, was viele aus Prinzip nicht wollen, aber darüber kann man ja dann in seinem Rollstuhl in aller Ruhe nochmal nachdenken.

    Gleiches gilt natürlich für alle anderen Verkehrsteilnehmer auch.

    Oder wie der Fachmann sagt: „Glotzen uff, im Straßenverkehr!“

  2. Dummer Quatsch:

    > Klassisches Beispiel, der LKW, der tote Winkel und der Radfahrer.
    > Der Lkw biegt ab, der Radfahrer wird nicht gesehen und überfahren.
    > Wäre dieser Radfahrer nun Achtsamer oder Aufmerksamer gewesen,
    > wäre er nicht in den toten Winkel des Lkw gefahren und wäre noch
    > gesund.

    Mit dieser Argumentation kann man praktisch jeden Unfall auf eine Eigenschuld des Opfers zurückführen:

    ——————————

    Das Kind spielt in der verkehrsberuhigten Zone auf der Straße. Der 23jährige 3er-Fahrer entschließt sich, in der verkehrsberuhigten Zone mal eben so richtig auf den Pinsel zu gehen und beschleunigt auf Tempo 60. In genau diesem Moment überollt er das Kind.

    Wäre das Kind achtsamer oder aufmerksamer gewesen, dann würde es noch leben.

    Sicherlich hätte das Kind dazu auf sein Recht verzichten müssen, dort zu spielen, was gerade Kinder ja nicht einsehen wollen, aber darüber kann es ja jetzt in aller Ruhe auf dem Friedhof nachdenken.

    ——————————

    Die Fußgängerin überquert bei Grün den ampelgeregelten Fußgängerüberweg. Der schon etwas verschlafene LKW-Fahrer bekommt die rote Ampel nicht mit und überrollt mit seinem 40-Tonner die Fußgängerin.

    Wäre die Fußgängerin nur etwas achtsamer und aufmerksamer gewesen, dann wäre sie jetzt nicht querschnittgelähmt.
    Sicherlich muss dazu die Fußgängerin von ihrem Recht zurückstehen, bei Grün über die Straße laufen zu dürfen, aber darüber kann sie ja jetzt in ihrem Rollstuhl in aller Ruhe nochmal nachdenken.

    ——————————

    Merkst Du was?

    1. Wäre die Fußgängerin nicht von dem LKW erwischt worden, wäre sie von einem Radfahrer im schicken Trikot und mit Helm der generell die Ampeln bei rot überfährt, überfahren worden. Der Radfahrer wäre geflüchtet und die Fußgängerin wäre im Krankenhaus gelandet und säße im ungünstigsten Fall auch im Rollstuhl. Blöde Konstrukte und dummes Gesülze um asoziales Verhalten von Radfahrern zu entschuldigen. Mutter mit Kind und Kinderwagen nutzen einen gemeinsamen Rad/Fußweg (bedeutet für Radfahrer Schrittgeschwindigkeit 7 – 10 Km/h). Radfahrer mit tollem Rennrad, im schicken Trikot, Helm und ohne Klingel rast hinter ihr her. Kind reißt sich von der Hand los, wird von Radfahrer erwischt, Radfahrer haut ab und kein Hahn kräht mehr nach diesem Verbrecher. Radfahrer fährt ohne erkennbaren Grund ohne Handzeichen vom Bürgersteig auf die Fahrbahn wird angefahren. Wer trägt an diesem Unfall die Schuld? Radfahrer fahren ins Grüne mit Grill, Bier Würstchen und Fleisch. Am nächsten Tag findet man die leeren Verpackungen, den Grill nebst den Pappbechern in der Landschaft verteilt. Ich habe Fotos gemacht leider nicht von den Radfahrern die ich sah, sonst hätte ich die Bilder von den Umweltsäuen bei youtube eingestellt. Asozial ist da noch geschmeichelt eben Radfahrer.

  3. Die Schuldzuweisung an von Rechtsabbiegern überrollte Radfahrer finde ich besonders widerlich und menschenverachtend. In die Köpfe mancher Leute will offenbar nicht rein, dass es auch Situationen gibt, in denen eine solche Konfliktsituation vom Opfer nicht vorhergesehen werden kann. Dass dieses Stammtischargument auch noch von jemandem kommt, der angeblich selbst radfährt finde ich doch äußerst befremdlich.

    Der Klassiker (müsste eigentlich jeder Radfahrer schonmal erlebt haben) ist, dass ein Autofahrer mit etwas höherer Geschwindigkeit neben einem herfährt (wie alle anderen Autos, die geradeaus über die Kreuzung fahren auch) und ohne zu blinken (macht scheinbar kaum mehr einer heutzutage) und zu schauen rechts abbiegt, wobei er den Radfahrer gerade so noch überholt hat, der jetzt schon in die Kreuzung einfährt. Abstand vom Rad zum Kollisionspunkt vielleicht noch 2m, Geschwindigkeit Radfahrer ca. 20km/h. Der Radfahrer hat dann vielleicht noch eine Sekunde, die Situation zu erkennen, sich eine Strategie zu überlegen (ausweichen oder bremsen), die in die Tat umzusetzen und zum stehen zu kommen.

    Das klappt nur mit extrem guten Reflexen. Ich habs bisher immer geschafft, aber fahre auf Radwegen immer wie unter Strom und brauche bei weitem keine Sekunde zum reagieren – dennoch habe ich Unfälle häufig nur um 20cm und mit erhobenem Hinterrad vermeiden können. Ältere Radfahrer schaffen das vielleicht nicht mehr. Speziell auf der Schönhauser, die ja auch schön abschüssig ist erreichen die auch gerne mal höhere Geschwindigkeiten als 20km/h.

    Bei LKWs kommt es vor, dass die warten und andere Radfahrer durchlassen und just in dem Moment losfahren, in dem der Radfahrer am „Point of no return“ ist. In solchen Situationen gar nicht über die Kreuzung zu fahren würde bedeuten, dass man entweder sicherheitshalber nur bei Rot fährt oder bis zum St. Nimmerleinstag an der Kreuzung stehenbleibt, weil an den meisten Kreuzungen in *jeder* Ampelphase ein LKW abbiegen will.

    Ich hab früher auch immer gedacht, Unfälle passieren nur, wenn beide sich falsch verhalten. Einer macht nen Fehler, der andere pocht auf sein Recht. So einfach ist es aber nicht. Es gibt Situationen, in denen das Opfer *keine Chance* hatte, zu reagieren. Ich selbst hatte mal so einen Unfall: Rechts-vor-Links, ich hatte Vorfahrt und war mit meinem Rad schon in der Kreuzung, als der stehende Autofahrer von Links, der mich angeschaut hat (ich hatte mich dessen vergewissert bevor ich in die Kreuzung einfuhr) plötzlich anfuhr. Da war keine Gelegenheit mehr zu bremsen, bevor mein Rad unter seinem Auto landete. Ich schaffte es irgendwie noch vom Rad zu springen, bevor ich selbst mit drunterlag. Ich gehe davon aus, dass die Rechtsabbiegerunfälle zumeist so ablaufen. Kann mir schwer vorstellen, dass 50 oder 60 Jährige Frauen, die ja oft die Opfer sind Lust auf ein Kräftemessen mit dem LKW verspüren.

  4. ich muss sagen, dass ich mit rechtsabiegenden autos noch nie probleme hatte, weil ich wahrscheinlich an solche kreuzungen auch so fahre das ich jeder zeit anhalten kann und genau schaue was der autofahrer macht. man muss den autofahrern aber zu gute halten, dass sie bei der dichten verkehrssituation nicht immer alles im blick haben können, nur daneben ist, wenn man sich dann noch aufregt, weil der andere vielleicht nicht so fährt wie man es gerne hätte. ich bin nicht dafür verantwortlich, wie sich andere im straßenverkehr bewegen.

  5. „Merkst Du was?“

    Ja, und zwar

    1. Dass du keine Ahnung hast

    und

    2. Polemiker bist.

    Deine Beispiele haben nichts mit normalen Verkehrsituationen zu tun, sondern mit vorsätzlich ordnungswidrigem/strafbarem Verhalten.

    Nur dir mal zur Kts. “ Ein Verkehrsunfall ist ein unerwartetes plötzlich eintretendes Schadensereignis, dass mit den allgemeinen Gefahren des Straßenverkehrs in dirketem Zusammenhang steht“. Rasende Idioten im Verkehrsberuhigten Bereich sind keine allgemeine Gefahr, sondern das ist vorsätzliches Handeln, darum werden solche Sachen auch nicht als Verkehrsunfall sondern als Verkehrsstraftat eingestuft und behandelt.

    Was deine Fußgängerin angeht, wäre sie wohl noch Gesund, wenn sie trotz Grün auch die Grundsätze für das Überqueren von Fahrbahnen beachtet hätte, denn davon entbinden elektronische Verkehrsregelungsanlagen nicht, nämlich einfach mal nach links und rechts gucken.

    Rechtsabbiegen ansich, ist aber nicht ordnungswidrig, sondern ein normaler Verkehrsvorgang. Bei meinem Beispiel hat del Lkw-Fahrer einfach die nötige Sorgfalt vernachlässigt. (so der Juristen-OT) Wie weit er dieser ab einem bestimmten Punkt überhaupt noch nachkommen kann und wann diese Sorgfaltspflich auf den Radfahrer übergeht, entscheiden i.d.R. dann gerichte. Meist kommt dann ein 50:50-Schuld heraus.

    Ich als Radfahrer hab genug Gelegenheit mir andere Radfahrer und ihren Fahrstil anzuschauen und die meisten verhalten sich wie kleine Kinder im große Straßenverkehr. An einer roten Ampel fahren 8 von 10 Radlern einfach drüber und von denen wiederum machen sich überhaupt nur 4 die Mühe mal zu schauen, ob Querverkehr kommt.

    Eigentlich ist es mir schleierhaft, dass derart wenig passiert. Und ja, viele Unfälle werden nur vermieden, weil die Pkw-Fahrer aufpassen. Denn aus irgendeinem Grund und zum Glück vieler Radler, denken immernoch viele Autofahrer, dass die IMMER im Unrecht währen, wenn sie einen Radfahrer umfahren, egal, wer eigentlich schuld ist.

    Ehrlich, ich fahre gern Fahrrad, zwar ungern in der Stadt, aber irgendwie muss ich ja zur Arbeit. Aber eine Bresche für die Radfahrer im Allgemeinen zu schlagen fällt mir immer schwerer. Zumal ich es immer nur wiederholen kann, die Wahl des Fahrrades als Verkehrsmittel macht noch niemandem zu einem besseren Menschen.

    Ich selbst wurde von Radfahrer schon angefahren, an Kreuzungen, an denen ich Grün hatte. Ich wurde von Radfahrern angepöbelt, weil ich mit den Autos bei Rot gehalten habe und der hinter mir nun nicht mehr einfach bei Rot rüber kam. Ich wurde sogar schon umgestoßen, als ich auf Grün wartete, aber irgendein Spinner unbedingt bei Rot durchfahren wollte. Oder letztens gesehen, eine Radfahrerin fährt ordnungswidrig auf dem Gehweg, fährt ein junges Mädel an, schießt ihr dabei ihr Handy aus der Hand und zerreist mit dem Lenker die Kabel des Headsets. Reaktion der Radlerin…Schulterzucken, blöd grinsen und einfach weiterfahren…Hura! Aber mein Favorit ist immer noch die Mutter, die ihr radelndes Kind bei Rot schon mal vorschickt.

    Also erzählt mir blos nichts vom Gutmenschen Radfahrer.

    Idioten gibt es in und auf jedem Verkehrsmittel.

  6. Klemmi, ich verstehe nicht, was deine Intention ist. Du versuchst Radfahrern hier eine Mitschuld zu unterstellen an Dingen, zu denen sie nichts können. Damit begibst du dich auf eine Ebene mit den Zeitungartikeln über „Rambo-Radler“ u.ä.

    Dann schilderst du noch deine Begegnungen mit anderen Radfahrern, die sich dämlich bis gefährdend verhalten haben. Was hat das mit deinem Ursprungsbeispiel des rechtsabbiegenden Kfzlers, der einen Radfahrer übersieht, zu tun? Weil nicht alle Radfahrer Engel sind, tragen jetzt alle eine Kollektivschuld? Ich kann dir auch diverse Begegnungen mit Autofahrern schildern, die sich gefährdend verhalten haben. Deshalb konstruiere ich aber noch lange keine Sippenhaftung daraus.

    Ausserdem werden durch solche Aussagen wie: „Wäre dieser Radfahrer nun Achtsamer oder Aufmerksamer gewesen“ die eigentlichen Ursachen des Rechtsabbiegerunfalls verwischt. Diese liegen zu mindestens 50% in der Bauweise der Wege. An manchen Kreuzungen mit Radwegen kann man noch so aufmerksam sein, irgendwann erwischt es dich. Nur „von seiner Vorfahrt zurückstehen“ hilft da nicht. Das ist ein ganz fauler Kompromiss. Dazu kommt natürlich noch, dass die Gefährlichkeit von Radwegen immer noch nicht richtig öffentlich gemacht wird. Radfahrer fühlen sich darauf gut, sind in Wahrheit aber an jeder Kreuzung und Einmündung hochgradig gefährdet. Solche Situationen kann ich doch auch gleich vermeiden, wenn ich auf der Fahrbahn fahre. Dann bin ich sichtbar und habe eine der grössten Gefahren vermieden. Und „zurückstehen“ werde ich da meist auch nicht müssen, da die Vorfahrt meist recht eindeutig ist.

    Also verschon uns bitte in Zukunft mit dieser Bildzeitungsrhetorik oder geh gleich in ein Autoforum.

  7. Ich habe auch einige Erfahrung und kann die meisten brenzligen Situationen voraussehen. Dennoch treffe ich Fehlentscheidungen, manchmal führen diese zu knappen Situationen. Ich denke, kein Mensch kann von sich etwas anderes behaupten. Auch Klemmi nicht.

    Gerade bei Fußgängern sollte man nicht vergessen, dass hier auch Schwerbehinderte unterwegs sind. Manche können nicht Sehen, andere können nicht Hören, diverse Krankheiten und Einschränkungen schließen niemanden vom Straßenverkehr als Fußgänger aus. Wenn grüne Ampeln so gestaltet sind, dass der Fußgänger selbst stark aufpassen muss (und das sind sie), dann ist das System ungerecht und asozial, weil es den eingeschränktesten Fußgängern ein unhaltbares Risiko auferlegt – zugunsten der Bequemlichkeit anderer.

    Den Radfahrern in der typischen Rechtsabbiege-Unfallsituation die moralische Hauptschuld zu geben, hilft bei der Problemlösung kein bisschen. Seit Jahrzehnten haben wir diese Unfallsituation, sie flaut nicht ab. Dem Opfer die Schuld zu geben, mag dem eigenen Angstempfinden etwas entgegenwirken – „mir kann sowas nicht passieren“. Es passiert aber dennoch ständig und immer wieder. Dem MUSS entgegengewirkt werden, und zwar aktiv, nicht durch Schuldzuweisungen.

    Naja und den Rest hat Prokrastes so schön ausgedrückt, dass ich mir da keine weitere Mühe geben muss 🙂

  8. Das sich viele Autofahrer daneben benehmen ist ja nun eine feste Konstante. Die muss ich hier wohl nicht erwähnen.

    Aber nur, wiel ich es nicht ertragen kann, das alle Radfahrer als Gutmenschen dargestellt werden, eben nur weil sie Rad fahren, bin ich noch lange kein Bildzeitungsrethoriker.

    Was ich zu sagen versuche, sie sind alle gleich, also die Menschen. Alle machen sie Fehler, alle benehmen sie sich daneben und dabei ist es völlig egal, wie sie sich fortbewegen.

    Unfallvermeidung beginnt bei jedem selbst. Da kann man noch so sehr an Unfallstatistiken schrauben oder über die Verkehrsführung meckern. Letzendlich ist jeder für sich selbst verantwortlich und muss auf sich selbst aufpassen. In die richtige Richtung bewegen wir uns dann, wenn wir auch mal auf den ein oder anderen mit aufpassen und en klein wenig Rollenverständnis entwickeln.

  9. „Aber nur, wiel ich es nicht ertragen kann, das alle Radfahrer als Gutmenschen dargestellt werden, eben nur weil sie Rad fahren, bin ich noch lange kein Bildzeitungsrethoriker.“

    Wer hat denn hier Radfahrer als „Gutmenschen“(wie ich dieses Wort hasse) dargestellt? Das war doch nur deine Behauptung, damit deine Argumentation funktioniert. Deshalb ist es Bildzeitungsrhetorik. Auch weil du die strukturellen Ursachen nicht ansprichst, sondern billiges Radl-Rambo-Bashing machst.

    Auch und gerade regelkonform fahrende Radfahrer sind gefährdet. Und zwar weit mehr als die motorisierten Verkehrsteilnehmer. Z.B indem sie rechts von abbiegenden Kraftfahrern geführt werden.

    „Unfallvermeidung beginnt bei jedem selbst. Da kann man noch so sehr an Unfallstatistiken schrauben oder über die Verkehrsführung meckern. “

    Dazu muss man aber die Ursachen für Unfälle erst mal kennen. Eine davon ist eben die Führung rechts von rechten Fahrspuren. Deren Gefährlichkeit aber die meisten Verkehrsteilnehmer nicht mal im Ansatz kennen. Dann kann man auch nichts vermeiden. Und muss sich dann nach einem Unfall auch noch von solchen Leuten wie dir beschimpfen lassen.

  10. Sorry, aber dass die Infrastruktur suboptimal ist und das Wissen um diesen Umstand, habe ich als gegeben gesehen…Infrastrukturelle Schwächen sind niemals unfallverursachend, sondern höchsten unfallfördernt.

    In dem zur Rede stehenden Artikel geht es doch um Unfallursachen und Unfallverursacher, oder habe ich da was falsch verstanden?

    Ich sage nun nur, dass die Statistiken eh hinten und vorne nicht stimmen, da bei der Unfallverursachersuche eh immer nur die Verkehrslage am Unfallort herangezogen wird. Ins Detail geht es dort doch immer erst, wenn ein Unfallbetreiligter vor Gericht geht. Dort wird dann regelmäßig das festgestellt, was ich geschrieben habe, nicht mehr und nicht weniger.

  11. P.S.:

    Wenn euch die Umsetzung unseres Verkehrsrechts tatsächlich interessiert, verbringt doch einfach mal einige Zeit im Verkehrsgericht.

    Die meisten Verhandlungen sind öffentlich.

  12. Du irrst dich, Klemmi: „Infrastrukturelle Schwächen sind niemals unfallverursachend, sondern höchsten unfallfördernt. “

    Da bin ich völlig gegenteiliger Meinung. Und ich stehe damit sicher nicht alleine. Wer Geradeausspuren rechts von Rechtsabbiegerspuren führt, sollte ein lebenslanges Berufsverbot bekommen. Und einen entsprechenden Vermerk in der Akte, dass er wissentlich Leben gefährdet hat. Nur schade, dass bisher noch kein Richter oder cleverer Staatsanwalt kapiert hat, dass man die Sache aus dieser Richtung aufrollen muss.

    „In dem zur Rede stehenden Artikel geht es doch um Unfallursachen und Unfallverursacher, oder habe ich da was falsch verstanden?“

    Nein, aber du hast zusätzlich noch provozierende Thesen aufgestellt, im Stil eines Autofahrerstammtisches. Das wird man dann wohl ausdiskutieren dürfen, oder?

    „Ich sage nun nur, dass die Statistiken eh hinten und vorne nicht stimmen, da bei der Unfallverursachersuche eh immer nur die Verkehrslage am Unfallort herangezogen wird.“

    Es reicht doch, wenn ich die Lage vor Ort kenne von meinen eigenen Erfahrungen auf Radwegen oder den Beobachtungen anderer Radfahrer. Da gehts schon oft haarsträubend genug zu.

    „Ins Detail geht es dort doch immer erst, wenn ein Unfallbetreiligter vor Gericht geht. Dort wird dann regelmäßig das festgestellt, was ich geschrieben habe, nicht mehr und nicht weniger.“

    Meinst du damit die Aussage, dass der Radfahrer auf Radwegen eine Unfallsituation vermieden soll, indem er besonders aufpasst(zurückstehen) und auch bremst, wenn er Vorfahrt hat, um die Fehler der rechts abbiegenden Autofahrer zu antizipieren? Selbst wenn das Gericht solches feststellt, es rechtfertigt erstens keine Mitschuld des Radfahrers, zweitens widerspricht es geltenden Verkehrsregeln(Vertrauensgrundsatz), drittens auch den geltenden Rechtsprinzipien in Deutschland(Das Recht muss dem Unrecht nicht weichen) und viertens ist es nicht praktikabel, falls du schneller als 5 km/h fahren willst.

    „Wenn euch die Umsetzung unseres Verkehrsrechts tatsächlich interessiert, verbringt doch einfach mal einige Zeit im Verkehrsgericht“

    Falls ich das tue, dann als Kläger gegen die Stadt. Ansonsten reichen mir Aussage von Fachleuten wie z.B. Dietmar Kettler, der hier und anderswo öfter schreibt.

  13. „““Klemmi schreibt:
    Mittwoch, 07.07.2010 um 12:07
    Eigentlich ist es mir schleierhaft, dass derart wenig passiert. Und ja, viele Unfälle werden nur vermieden, weil die Pkw-Fahrer aufpassen. „““

    Würden alle Radfahrer so fahren wie es die StVO erlaubt gäbe es viele tote Radfahrer mehr und viele Autobesitzer ohne Führerschein.
    Genau das Gegenteil, von dem was Du schreibst, ist die Realität. Radverkehrsanlagen funktionieren nur weil Radfahrer auf ihr Recht verzichten.

  14. Der Blogeintrag soll ja erstmal eine Versachlichung des Themas bringen und Unsachlichkeiten auf öffentlicher Seite darlegen.

    Die öffentliche und private Wahrnehmung ist mehrheitlich die, dass Radfahrer und Fußgänger an ihren Unfällen weitgehend selbst Schuld sind, weil sie sich so chaotisch verhalten. Nachteil dieser Sichtweise: Das eigene Verhalten (des Autofahrers) wird nie in Frage gestellt und auch nicht geändert. Das ist ungünstig, da er der Hauptunfallverursacher ist. D.h. mit der „Erkenntnis“, dass Radfahrer angeblich die meisten Unfälle verursachen, wird einer realen Unfallvermeidung aktiv entgegengewirkt.

    Ansetzen muss man aber auf beiden Seiten: Bei Radfahrern und bei Autofahrern. Dies tut die Polizei bei ihren Schwerpunktkontrollen so zum Beispiel nicht. Sowohl die Auswertung der Statistiken als auch die eigene Unfallprävention sagen: Radfahren ist gefährlich, weil Radfahrer so viel Mist bauen.

    In einem Punkt hat Klemmi sogar Recht – man kann sein Unfallrisiko senken, indem man für andere mitdenkt. Siggi hat auch Recht, würden Radfahrer auf dem Radweg nicht im Regelfall Autos durchlassen, obwohl sie selbst eigentlich grün haben, würde es noch öfter krachen.

    Beim Mitdenken für andere hilft es aber eben gerade nicht, wenn den Radfahrern immer erzählt wird, dass nur sie alles falsch machen. Da muss man dann offen herangehen und auch sagen, dass Autofahrer sich zwar über bei grün fahrende Radfahrer freuen, sie aber dann beim Rechtsabbiegen oft nicht respektieren. Zum Allgemeinwissen müsste es gehören, dass die meisten Unfälle im Kreuzungsbereich und eben nicht auf gerader Strecke gehören.

    Was Wissen über Unfallgefahren angeht, sind wir ein Entwicklungsland. Das führt zu regelmäßig falschen Entscheidungen, die sich bei Radfahrern besonders drastisch auswirken.

  15. berlinradler: „Das eigene Verhalten (des Autofahrers) wird nie in Frage gestellt.“
    Mittlerweile geht es sogar so weit, daß in Unfallberichten zu den klassischen Rechtsabbiegerunfällen als aller erstes betont wird, daß der Pkw/Lkw bei Grünlicht fuhr. Irgendwo steht dann, daß auch der Radfahrer grün hatte.
    Die Alleinschuld des Abbiegers wird nicht ansatzweise angesprochen.

  16. Aus Autofahrersicht ist allerdings die sehr laxe Auslegung von §5, Absatz 8 durch Radfahrer ein Problem. Da steht

    > Ist ausreichender Raum vorhanden, dürfen Radfahrer
    > und Mofa-Fahrer Fahrzeuge, die auf dem rechten Fahr-
    > streifen warten, mit mäßiger Geschwindigkeit und
    > besonderer Vorsicht rechts überholen.

    „Oft*“ beobachtet wird aber das Vorbeifahren auch bei nicht ausreichendem Raum (weniger als 1m zwischen Auto und Bordsteinkante), und auch „oft“ beobachtet wird das Vorbeifahren an nicht wartenden, also fahrenden Autos.

    Die so wahrgenommenen Radfahrer fahren so, als befänden sie sich auf einer Fahrradspur, d.h. sie fordern (subjektiv!) die Vorrangssituation ein, die es bei Fahrradspuren gibt.

    Bei ausreichend zähflüssigem Verkehr ind engen Straßen, wie z.B. in der Friedrichstraße, entwickeln sich daraus ausgesprochen unangenehme und brenzlige Situationen, wo beispielsweise mit ca. 15 km/h fahrende Autos rechts überholt werden, die bei Rechtsabbiegemanövern dann problematisch werden.

    Sicher, als Autofahrer muss man in allen Situationen mit allem rechnen, nur scheint hier das Rechtsüberholen im (langsam) fließenden Verkehr eine Steigerung der Gefahrenlage mit sich zu bringen.

    Nun ist natürlich unklar, warum überhaupt Autofahrer durch die Friedrichstraße fahren müssen, und es ist auch unklar, warum nicht die Friedrichstraße oder eine der parallel geführten Straßen zu einer reinen Fahrradstraße umgewidmet wird, aber solange Autos ein Verkehrsmittel sind, und solange sie nicht explizit vom Straßenverkehr in der Innenstadt ausgeschlossen werden, werden dort Autos entlangfahren.

    Auch als Radfahrer nehme ich dieses Verhalten (natürlich auch hier rein subjektiv) wahr, und ich bin von den teilweise halsbrecherischen Schlingermanövern, die rechts von vor einer Ampel stehenden Autos durchgeführt werden, doch etwas erstaunt.
    Es kommt der Eindruck auf, daß o.g. Regelung der StVO so interpretiert wird:

    > Unabhängig vom zur Verfügung stehenden Raum
    > müssen Radfahrer Fahrzeuge, die auf dem rechten
    > Fahrstreifen warten, rechts überholen.

    Mir ist klar, daß o.g. Regelung eingeführt wurde, um die Sichtbarkeit von Radfahrern an Ampeln zu verbessern, indem sich die Radfahrer vor die rechtsabbiegenwollenden Autos stellen können, aber die (subjektiv wahrgenommene!) Realität konterkariert das.

    Damit wird übrigens die lebensgefährliche Eigenschaft der Verkehrsseparation durch Radwege von den Radfahrern auf die Straße transportiert – sie fahren so, als wären sie von den anderen Nutzern der Straße separiert.

    Wenn man sich die (von mir gerne zitierten) 10 Gebote von Bernd Sluka durchliest, dann erkennt man, daß Radfahrer, die so fahren wie die oben von mir aus subjektiver Autofahrerwahrnehmung geschilderten, massiv gegen eben jene Gebote verstoßen.

    Fahre ich mit dem Fahrrad auf der Straße, fahre ich da, wo die Autos fahren – mit ausreichend Abstand zum rechten Straßenrand bzw. mit ausreichend Abstand zu parkenden Autos.

    Rechtsüberholende Radfahrer aber fahren fast in Tuchfühlung zu geparkten Autos, im Gefahrenbereich von sich öffnenden Türen, im Gefahrenbereich von hinter Lieferwagen auf die Straße tretenden Fußgängern — Und ausweichen (nach links) können sie in diesen Gefahrensituationen nicht, weil links neben ihnen die von ihnen überholten Autos fahren.

    Das kanns irgendwie nicht sein.

    *) Das Wort „oft“ impliziert eine statistisch relevante Häufigkeit, da mir keine Zahlen vorliegen, sondern nur die gesehene und doch subjektiv wahrgenommene Situation vertraut ist, schreibe ich „oft“ hier in Anführungszeichen.

  17. Prokrates, genau dieses Verhalten sorgt ja für enormen Unmut bei den Autofahrern. Viele fühlen sich schlicht durch die aus allen Löchern kriechenden Radfahrer verunsichert, man kann nie sicher sein, ob man fahren kann. Dies sorgt häufig zu überzogenen und ungerechtfertigten Reaktionen gegen alle Radfahrer, also auch die regelkonformen.

    Ich fahre selten mit dem Auto, aber ich habe mir angewöhnt und propagiere dies auch im Bekanntenkreis, dass man sich als Autofahrer möglichst weit rechts einordnen sollte (natürlich nicht beim Radfahrer überholen). Ist der Weg blockiert, entsteht diese Konfliktsituation weniger, wenn man von Fußwegradlern absieht.

    Andererseits ordne ich mich als Radfahrer an Ampeln und ähnlichem sehr weit links ein, da ich mich von Autos, die sich an der Ampel neben mich stellen, besonders beim Anfahren gestört fühle. Beide Verkehrsteilnehmer haben das Recht auf eine eigene Spur, ohne das diese vom anderen streitig gemacht werden sollte.

  18. > Ist ausreichender Raum vorhanden, dürfen Radfahrer
    > und Mofa-Fahrer Fahrzeuge, die auf dem rechten Fahr-
    > streifen warten, mit mäßiger Geschwindigkeit und
    > besonderer Vorsicht rechts überholen.

    Da bleiben viele Fragen offen.

    Was ist ausreichender Raum?
    Ist eine Fahrspur z.B. 4m breit, ein PKW 1,6m breit ist ausreichender Raum vorhanden. Handelt der PKW Fahrer verkehrswidrig wenn er rechts dicht macht? Darf er den ausreichenden Raum zunichte machen?

    Was ist warten?
    Ist warten gleichbedeutend mit Stillstand. Ich denke nicht, sonst hätte man es so formuliert.

  19. > Viele fühlen sich schlicht durch die aus allen Löchern
    > kriechenden Radfahrer verunsichert, man kann nie sicher sein,
    > ob man fahren kann.

    Das lässt auf eine allgemeine Untauglichkeit zum Führen eines Kraftfahrzeuges schließen.

    > Was ist ausreichender Raum?

    Der ist durch die Breite des Radfahrers und durch den einzuhaltenden Sicherheitsabstand nach rechts und links definiert.

    > Handelt der PKW Fahrer verkehrswidrig wenn er rechts
    > dicht macht?
    > Darf er den ausreichenden Raum zunichte machen?

    Interessante Fragestellung. Sein Verhalten kann sowohl als verkehrswidrig als auch als zulässig angesehen werden. Verkehrswidrig im Sinne eines Verstoßes gegen §1 ist das Verhalten, weil er damit unnötig andere (die, die den von ihm verstellten Freiraum nutzen wollen) behindert.
    Zulässig kann das aber auch sein, weil es eben keinen Rechtsanspruch auf das Freihalten von Freiraum rechts neben Kraftfahrzeugen gibt.

    Bei dieser Betrachtung dürfte der Verstoß gegen §1 schwerwiegender sein.

    > Was ist warten?

    Verkehrsbedingtes vorübergehendes Stehenbleiben ist „Warten“. Beispiele: Warten an roter Lichtzeichenanlage, warten vor Bahnübergang oder Fußgängerüberweg, warten im Stau. Verkehrsbedingtes Abwarten des Gegenverkehrs beim (auch unzulässigen) Abbiegen ist „Warten“, siehe OLG Köln DAR 76 139.

    „Bloßes verkehrsbedingtes vorübergehendes Stehenbleiben ist (…) Warten und wird dem fließenden Verkehr zugerechnet (z.B. Warten an einer LZA bei Rot, am Fußgängerüberweg oder im Haltverbot bei Stau).“

    Quelle:
    Grundriß des Verkehrsrechts von Roland Schurig (Senatsrat bei der für Verkehr zust. Senatsverwaltung Berlin), Kirschbaum Verlag:

    Kapitel H – Regelungen des ruhenden Verkehrs, Abschnitt I – Grundsätze, Nr. 2a – Abgrenzung zwischen ruhendem und fließenden Verkehr:

  20. In bestimmt 95% der Fälle macht es wirklich keinen Sinn, dass man sich als Radfahrer nach vorne schlängelt. Wenn nur 3 Pkw vor einem stehen, ist es entspannter, hinter ihnen zu warten. Nervig finde ich es immer, wenn ich mehrere Ampelphasen mitwarten soll, das ist zum Beispiel an der Grünauer Straße Richtung Oberspreestraße generell so. Dort ist es in der Regel jedoch unmöglich, sich rechts noch vorbeizuschlängeln.

    Ebenso wie das blinde Vertrauen in Radwege, die „sicherere“ Nutzung der Bürgersteige halte ich das für einen typischen Fehler von Leuten, die sich mit Radfahr-Sicherheit nicht beschäftigen.

    Die Friedrichstraße ist ein gutes Beispiel für extrem ungerecht eingerichtete Verkehrswege. Haupt-Verkehrsteilnehmer sind hier Fußgänger. Damit aber Autos bequem fahren und parken können, haben sie den wenigsten Platz.

  21. Mal ne kleine Zwischenfrage, wenn nicht Rechts, wo sollen Radfahrstreifen denn sonst lang führen?

  22. Besser als „Radwege“ sind Radfahrstreifen.

    Besser als Radfahrstreifen sind keine Radfahrstreifen.

    Keine Trennung von Rad- und Autoverkehr.

    In der Friedrichstraße gibt es weder „Radwege“ noch Radfahrstreifen.

  23. >Mal ne kleine Zwischenfrage, wenn nicht Rechts, wo sollen Radfahrstreifen >denn sonst lang führen?

    Das ist ein Fangfrage, oder? Als Vorschlag ließen sich Radstreifen auf etwa 3,5 Meter verbreitern, dann kann man sie auch für den motorisierten Verkehr freigeben und alle Verkehrsteilnehmer sind gleichberechtigt – huch das gibt es ja schon, nennt sich Straße.

    >Das lässt auf eine allgemeine Untauglichkeit zum Führen eines >Kraftfahrzeuges schließen.

    Nicht wirklich. Als Beispiel ist etwa die besorgte Berliner Mutter mit ihren beiden Kindern auf dem Rad zu nennen, welche, obwohl sie dem Hauptstrom an der Ampel durch eine Rotfahrt auszuweichen versuchte, trotzdem auf einer mehrspurigen Straße vom kreuzenden Verkehr belästigt wurde.
    Was ich damit sagen will, einige Radfahrer sind derart dreist in ihrem Verhalten, dass niemand in der Lage sein kann (auch nicht mit umsichtigster Fahrweise) jede Dummheit von Seiten der Radfahrer zu entschärfen. Wenn ich mich auf dem getrennten Fuß- und Radweg als Fußgänger plötzlich vor einen Radfahrer werfen würde, trifft den Radler auch eine Mit- vielleicht sogar die Hauptschuld, obwohl er sich angepasst und regelkonform verhalten hat.

  24. >Mal ne kleine Zwischenfrage, wenn nicht Rechts, wo sollen Radfahrstreifen denn sonst lang führen?

    Aha. Hat da einer endlich mal verstanden, was der Nachteil jeglicher Radverkehrsführungen ist? Kleiner Tipp: Man kann Radfahrstreifen auch zwischen Rechtsabbiegern und Geradeausfahrenden durch führen. Oder den Streifen rechtzeitig vor der Kreuzung enden lassen. Oder es gleich sein lassen und die Fahrstreifenbreite passend markieren. Dazu muss man allerdings auch wissen, bei welcher Fahrstreifenbreite Radfahrer nicht eng überholt werden. Das wiederum ist deutschen Verkehrsplanern leider nicht zuzutrauen.

  25. „“““Prokrastes schreibt:
    Mittwoch, 14.07.2010 um 10:07

    > Was ist warten?

    Verkehrsbedingtes vorübergehendes Stehenbleiben ist “Warten”. Beispiele: Warten an roter Lichtzeichenanlage, warten vor Bahnübergang oder Fußgängerüberweg, warten im Stau. Verkehrsbedingtes Abwarten des Gegenverkehrs beim (auch unzulässigen) Abbiegen ist “Warten”, siehe OLG Köln DAR 76 139.

    “Bloßes verkehrsbedingtes vorübergehendes Stehenbleiben ist (…) Warten und wird dem fließenden Verkehr zugerechnet (z.B. Warten an einer LZA bei Rot, am Fußgängerüberweg oder im Haltverbot bei Stau).”

    Quelle:
    Grundriß des Verkehrsrechts von Roland Schurig (Senatsrat bei der für Verkehr zust. Senatsverwaltung Berlin), Kirschbaum Verlag:

    Kapitel H – Regelungen des ruhenden Verkehrs, Abschnitt I – Grundsätze, Nr. 2a – Abgrenzung zwischen ruhendem und fließenden Verkehr:““““

    Ist schon klar, stehen bleiben kann auch warten sein. Doch volkstümlich ist warten nicht unbedingt immer Stillstand. Redewendungen gibt es genügend dafür.
    Daher verstehe ich nicht warum man die Formulierung nicht eindeutig gemacht und anstatt „warten“ das Wort „stehen“ genommen hat.

  26. StVO-Deutsch ist nicht „volkstümlich“, aber im StVO-Deutsch ist der Unterschied zwischen „Warten“, „Halten“ und „Parken“ definiert.

    „Stehen“ passt auf alle drei – ein Auto steht, wenn es hält, wenn es parkt und natürlich auch, wenn es wartet.

    Du siehst: Es kommt immer aufs Bezugssystem an. Und die StVO darf nicht mit „volkstümlicher“ Sprachinterpretation gelesen werden, wie andere juristische Texte auch.

  27. Der Begriff Wartepflicht kommt in der StVO öfters vor. Z.B bei rechts vor links oder im Zusammenhang mit dem Zeichen 205. Es wird dabei nie verlangt, dass man zum Stillstand kommen muss, sonst könnte man sich die Stoppschilder sparen.
    Daher meine ich, dass Warten natürlich verkehrsbedingtes Stehenbleiben sein kann. Aber eben auch warten auf ein Ereignis, wie z.B. das Umschalten einer Ampel, was man auch durch langsames Heranrollen machen kann.

  28. Die „Interpretation“ von Siggi, daß Autos, die eine Straße entlang_fahren_, „warten“, und das sie deswegen rechts überholt werden dürfen, die ist bizarr.

    Hotte hat alles relevante gesagt.

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