Gastbeitrag von Rechtsanwalt Sebastian Dramburg.
Fixies sind in aller Munde. Es wird viel berichtet über die Popularität dieser Fahrräder. Die einen halten sie für Teufelszeug, die anderen sind genervt von der Fixie-Diskussion. Es gibt die abgefahrensten Ansichten und Befürchtungen zu den Folgen, wenn man mit einem Fixie von der Polizei erwischt wird. Diese Spekulationen sind aber im Wesentlichen auf Gerüchte und Berichte vom Hörensagen zurückzuführen sind.
Im Folgenden will ich versuchen das Thema aus der juristischen Sicht kurz zu beleuchten. Dabei geht es natürlich in erster Linie um die Bremsen-Frage. Denn die Erfordernisse von Klingel, Licht und Reflektoren ergeben sich eindeutig aus dem Gesetz und sollten bekannt sein. Auch bin ich kein Experte auf dem Gebiet, also lasse ich mich gerne aufklären. Nur bitte keine Gerüchte und Stories vom Kumpel, der einen Kumpel hat, der…
Auf geht’s:
1. Reicht eine starre Nabe als Bremse für ein Fahrrad aus?
Nein. Das Gesetz, die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, schreibt vor, dass „alle Fahrzeuge eine ausreichende Bremse haben müssen, die während der Fahrt leicht bedient werden kann und ihre Wirkung erreicht, ohne die Fahrbahn zu beschädigen. Fahrräder müssen zwei voneinander unabhängige Bremsen haben.“ (§ 65 StVZO). Das heißt völlig unabhängig von der Frage, ob eine starre Nabe als Bremse ausreicht (dazu sogleich), muss ein Fahrrad zwei Bremsen haben, um dem Gesetz Genüge zu tun. Ohne Vorderbremse geht es nicht. Zumindest rechtlich.
2. Ist eine starre Nabe eine Bremse im Sinne der StVZO?
Aus der ersten Frage ergibt sich die Folgefrage: Reicht eine Vorderbremse und eine starre Nabe aus, um die Erfordernisse der StVZO zu erfüllen?
Die Kernfrage ist, ob eine starre Nabe als Bremse „leicht zu bedienen ist“. Als Bremse an einem Fahrrad versteht man eine Vorrichtung, die geeignet ist, die Fahrgeschwindigkeit zu reduzieren und das Fahrrad damit zum stehen zu bringen.
Ganz frisch hat nun das Amtsgericht Bonn (Az. 337 Js 1152/09) eine starre Nabe als Bremse anerkannt und damit entschieden, dass eine Vorderbremse und eine starre Nabe die Voraussetzungen des § 65 StVZO erfüllen. Bei diesem Urteil handelt es sich aber nicht um eine richtungsweisende Entscheidung oder gar einen Präzedenzfall (gibt es im deutschen Recht nicht). Jedes Gericht kann anders entscheiden, und der starren Nabe keine Eigenschaft als Bremse bescheinigen. Daher bleibt die Frage weiterhin offen und letztendlich wird der Punkt zu klären sein, ob man ein Fahrrad mit einer Vorderbremse und einer starren Nabe genauso gut anhalten kann wie ein Rad mit Vorderbremse und bspw. einer Rücktrittsbremse.
3. Darf die Polizei Fixies einfach so einziehen?
Dies ist keine ja/nein Frage, sondern eine juristische Frage. Das heißt je nach Auslegung des Gesetzes kann sie unterschiedlich beantwortet werden.
Bei der Beantwortung zunächst davon auszugehen, dass der Radfahrer das erste Mal von der Polizei angehalten wird (zum Wiederholungstäter s.u.). Nach meiner Auffassung ist die erstmalige Einziehung eines Fahrrades mit starrem Gang rechtswidrig, selbst wenn es keine Vorderbremse hat. Vier von mir betreute Fixie-Fahrer haben ihre Räder alle wieder, ohne dass es ein Gerichtsverfahren gegeben hat.
Sowohl die Sicherstellung als auch deren Aufrechterhaltung sind rechtswidrig, da sie nicht im Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen. Soweit darauf abgestellt wird, dass das Rad nicht verkehrssicher ist, so ist dazu zu sagen, dass die Gefahrenabwehr (Schutzgut: die Sicherheit des Straßenverkehrs und die des Fahrers) auch durch ein milderes Mittel hätte erfolgen können (z.B. schieben).
4. Was droht, wenn erwischt werde und mein Rad nicht der StVZO entspricht?
Mach dich gefasst auf ordentlich Bußgeld (über 100 € sind drin), wenn du ohne Vorderbremse, Reflektoren und Klingel unterwegs bist. Und Punkte, wenn du einen Führerschein hast (rechne mit bis zu 3 Punkten).
Die Ordnungsbehörden fordern z.B. bei den eingezogenen Fixies, dass diese nach Herausgabe nachgerüstet und später auf dem Polizeiabschnitt vorgezeigt werden sollen. Meines Erachtens ist der Eigentümer eines Bahnrades nicht verpflichtet, dies zu tun. Die Polizei kann nicht vorschreiben, wo das Rad gefahren wird (z.B. Privatgelände).
5. Kann die Polizei mein Fixie verschrotten?
Die Frage stellt sich nur, wenn man kein Ersttäter ist (siehe Frage 3).
Wird man widerholt mit einem Rad erwischt, das nicht verkehrssicher ist, dann muss im Einzelfall entscheiden werden, ob die Sicherheit des Verkehrs nur durch die endgültige Wegnahme des Rades erreicht werden kann. Ein wiederholter Verstoß führt jedenfalls nicht zwingend zur Verschrottung.
Juristisch bezeichnet man dies als Einziehung, was den Zweck hat, den weiteren Umgang mit dem Gegenstand zu unterbinden. Die Einziehung erfolgt durch einen Richter. Die Polizei kann dies nicht entscheiden. Aber die dauerhafte Wegnahme ist grundsätzlich möglich.
6. Und sonst?
Außer dem oben genannten Urteil aus Bonn (der Volltext des Urteils liegt mir leider noch nicht vor) ist mir kein Fall bekannt, in dem sich die Gerichte schon mal mit dem Thema befasst haben. Auch an sich ist das Thema juristisch gesehen ja eher eine neue Materie, daher bleibt abzuwarten, ob die harte Linie der Polizei irgendwann mal von den Gerichten bestätigt wird oder nicht. Ein Gerichtsverfahren kostet erst mal Geld und vor diese Alternative gestellt, rüsten die Leute ihre Räder meist doch lieber nach.
Der Autor:
Rechtsanwalt Sebastian Dramburg, LL.M. (University of Auckland) ist als Rechtsanwalt in Berlin tätig und hat als Schwerpunkt eigentlich die Bereiche rund um das Internet- und Urheberrecht im Blick, fährt aber auch gerne Fahrrad.
dramburg.eu
Warum bedeuten zwei unabhängige Bremsen, dass auch das Vorderrad eine Bremse haben muss?
Gute Frage! man könnte ja quasi auch nen Rücktritt und ne HR-Felgenbremse montieren. Oder auch zwei Vorderradbremsen. Mir deucht das allerdings beides aus meiner bescheidenen persönlichen Sicht recht Sinnfrei.
Wie sähe es eigentlch mit nem BMX aus, das hinten eine Felgenbremse hat, und dessen Fahrer darin geübt ist weiterhin mit dem Fuß das Vorderrad zu bremsen? Zeitlich gesehen dauert das genau so lang wie Otto-Normalradler braucht um nach der Bremse zu greifen. Und die Wirkung ist oft ungleich besser als die der vielen vergammelten uralt-Weinmann-Seitenzugbremsen die da draußen rumfahren.
Aber im zweifel heist es dann vermutlich wieder „ist nicht fest montiert.“ und daher Gesetzeswiedrig :-I *sigh*.
Bei solchen Konstruktionen muss man sich immer vor Augen halten, daß schlichtweg nicht sichergestellt sein kann, daß ein solches Fahrrad nur vom diese vom normalen Fahrradfahren stark abweichende Technik beherrschenden Fahrer bewegt wird.
Von Größenunterschieden abgesehen sind ansonsten nämlich Fahrräder für alle Radfahrer gleichermaßen beweg- und auch bremsbar (eine Diskussion über die Bedienunterschiede zwischen Rücktritt- und Felgenbremse ist hier nicht angesagt).
Hier aber wird völlig selbstverständlich der Einsatz von Sportgeräten im Straßenverkehr gefordert, die eben nicht mehr jeder sicher bewegen kann.
Wenn aber sich jemand so ein Teil ausleiht („Ey, muss mal ebend Kippen holen, leihste mir Dein Rad?“), dann sollte der nicht sein Leben aufs Spiel setzen, weil das Teil keine Bremsen hat.
Als Gegenargument gegen die gesetzliche Forderung funktionierender Bremsen vorzubringen, daß uralte kaputte Bremsen angeblich diesen gesetzlichen Forderungen genügten, ist natürlich kompletter Schwachsinn. Die gesetzlichen Forderungen gehen halt nicht so weit, daß die mit den Bremsen erzielbaren Verzögerungswerte überprüft werden müssten.
Das liefe auch auf eine Art „Fahrrad-TÜV“ hinaus, der alleine wegen des zu erwartenden bürokratsichen Überbaus keine wünschenswerte Einrichtung wäre.
Wegen des Fehlen dieses Überbaus aber zu argumentieren, Bremsen müssten gezielt nicht besser sein als die schlechteste auf den Straßen zu findende, ist schlichtweg zynisch.
Die „vergammelte uralt-Weinmann-Seitenzugbremse“ muss weg.
Es sollte eine Aufklärungskampagne geben, daß alle Gurkenfahrer ihre Bremsen in Ordnung bringen lassen, die Bullerei sollte Bremsmüll aus dem Verkehr ziehen (diese komischen Gummiklötze mit Stangenmechanik an Hollandrädern z.B.), und Radfahrern sollte beigebracht werden, wie man bremst.
Ich habe schon mehrere Unfälle gesehen, in denen ein Radfahrer mehr Chancen gehabt hätte, unverletzt zu bleiben, wenn er einfach nur besser bremsen gekonnt hätte.
Jedes Fahrrad muss sichere Bremsen haben, die ein durchschnittlicher Radfahrer auch bedienen kann, nicht nur ein speziell trainierter Sportler.
Damit scheidet die sogenannte Bremstechnik des „Skid“ beim Fixie ebenso aus wie das von Japser geschilderte Bremsen des Vorderrades mit dem Fuß. Sowas mag auf speziellen Trainingsplätzen schick, cool und angesagt sein, im Straßenverkehr hat so etwas absolut nichts verloren.
trackbike hat nix mit „cool“ zu tun!!!
ich erreiche mit dieser starrennabe ein fahrgefühl das einzigartig ist basta!!!!
und ich hab ne vorderbremse die reicht!!!
macht nen heiden spaß zu bremsen so das dass hinterrad in der luft liegt ;-P
autodeutschland muss endlich akzeptieren das es auch noch andere menschen gibt die sich fortbewegen wollen und das ohne auto!!!(rollerblades, skateboard, einrad, usw)
In der ZDF Sendung hallo deutschland vom 07.08.2009
„Fahrradkontrolleure in Freiburg“ wird gezeigt wie die Polzei Fahrräder einzieht weil sie den Verdacht hat, dass sie dem Radfahrer nicht gehören.
Es wird sogar noch dazu gesagt, dass solche Verfahren dann lange dauern können.
So könnte mir also jeder Poizist mein Fahrrad wegnehmen und ich darf dann eventuell Monate darauf warten bis ich es wieder zurück bekomme – kann ja wohl nicht wahr sein.
Zitat aus EGONs Kommentar:
„Von Größenunterschieden abgesehen sind ansonsten nämlich Fahrräder für alle Radfahrer gleichermaßen beweg- und auch bremsbar“
Wo lebst Du? Noch nie eine Rikscha oder ein Liegerad gesehen? Mein Tip: Scroogle.de
Man leiht sich kein Fahrzeug „um mal eben Kippen zu holen“, mit dem man nicht umgehen kann!
Nicht dass ich Fixiefreund wäre! Aber muss denn alles Reglementiert werden? Zu hoffen, dass Sicherheit durch Verbote entsteht passt wunderbar in unser neues Europa.
Ich habe 2 Bremsen, Licht… und erlebe täglich(!), dass es Autofahrer gibt die bestehende Gesetze nicht kennen/ignorieren (z.B. Vorfahrt..). DA GIBTS SCHON GESETZE! Trotzdem tut sich die Exekutive da schwer…
Wenn ich Autofahre sind viele Radfahrer schon überrascht, wenn ich ihnen auch nur ihr Recht lasse, geschweige denn aus der Situation herraus auf mein Recht verzichte. So weit ists schon…
HABANERO hat vollkommen Recht, „Autodeutschland wird sich dran gewöhnen müssen…“ Volle Punktzahl!
ich kam nicht weit mit lesen…
nachdem in diesem artikel schon eine verordnung, zum gesetz erhoben wird…
und nachdem herr Dramburg auch vergeblich versucht drauss schlau zu werden, hier noch ein tip, der das problem klar aufzeigt….
STVO § 24 Besondere Fortbewegungsmittel
(1) Schiebe- und Greifreifenrollstühle, Rodelschlitten, Kinderwagen, Roller,
Kinderfahrräder und ÄHNLICHE Fortbewegungsmittel sind nicht Fahrzeuge im Sinne der Verordnung.
mein rad ähnelt ganz klar nem kinderfahrrad und Kind meiner eltern bleib ich immer…
ist eben viel zu viel auslegungssache… :-O ….
aber wir bekommen ja bald ne änderung…
ich sehe jedenfalls zu, dass ich fette bremsen dran habe, viele kleine leuchtterroristen dazu und ich, auch mit Rücksicht, als 90kg lebendgeschoss die bresche schlag, ohne ein-/ oder aufzuschlagen…
und was nützt mir denn nen 7,5kg rad, wenn ich kein saft in den beinen habe?
macht euch nur mal klar, bei 30 km/h, legt ihr in einer sekunde ca. 8,3 m zurück…
und auch sonst finde ich es gut, eher weniger angriffsfläche zu bieten…
Wurde in zahlreichen Webforen vor ein oder zwei Jahren nicht schoneinmal ein AG-Urteil besprochen…? Ich frage mich, warum das neue Urteil so einen Hype auslöst (siehe Spiegelonline). Ansonsten fahren hier in London bestimtt 50% Fixies und keinenn stoert es bzw. der Trend zum Fahrrad wird sogar als positiv bewertet.
Eigentlich ist das mit den Fixies ein interessanter Trend. Als ich Schüler war, war Radfahren sehr populär. Damals mit hochwertigen Mountainbikes. Zwar natürlich auch nicht ganz regelkonform ausgestattet, doch es war wie mit den Markenklamotten – es konnte nicht teuer und gut genug sein. Als 16jähriger musste man schon Magurabremsen für 300 Mark haben, ein Mitschüler hatte sogar irgendwelche Keramikfelgen (und wollte deshalb nicht mehr durch Schlamm etc. fahren). Ein Rad für „nur“ 1000 Mark galt als billig. Natürlich konnten da nicht alle mithalten, ich auch nicht – im Nachhinein besser so! Der Fixietrend scheint mir genau die gegengesetzte Bewegung zu sein, wobei – ich weiss es gar nicht genau – die Räder auch nicht so billig sind, oder?
Ich weiss nicht ob es daran liegt, dass ich kein Jugendlicher mehr bin, aber damals wurde mir gegenüber auch öfters aggressiv die Meinung vertreten, dass ich hier und da nicht fahren dürfte. Das ist seltener geworden, außer auf der Fahrbahn neben Radwegen natürlich.
@ phillip
das berichtet mir ein freund der in london wohnt auch!
fast nur noch trackbikes unterwegs…
naja in london kannst auch über die straße bei rot gehen, auch wenn auf der anderen seite ein bobby steht!!!
die haben andere probleme…(die bösen jugendlichen) 😉
Naja ich hoffe diese Velotaxis werden noch mehr in berlin!!!
in berlin kann man doch auch über die strasse bei rot gehen, wenn der herr polizist auf der anderen strassenseite steht. bongs im park, alk auf der strasse, aber bei rot fahren ist nicht, ein komisches spiessiges land, trauriges deutschland, einfach nur peinlich… fharradfahren wie auch immer ist ein positiver trend, ich möchte mal so viel aufmerksamkeit bei den alcopops sehen, sind auf jedenfall gefährlicher…
RA Sebastian Dramburg übersieht oder verschweigt die Bremsendefinition des § 65 Abs. 2 StVZO. Nach dieser Begriffsbestimmung („Als ausreichende Bremse gilt jede am Fahrrad fest angebrachte Einrichtung, welche die Geschwindigkeit des Fahrzeugs zu vermindern vermag“) reicht das Kontern mit den Pedalen nicht als Bremse aus. Wörtlich genommen ist das keine „Einrichtung“, also ein spezielles Bauteil, sondern nur eine Funktion des Antriebs, so wie die Motorbremse beim Kfz, die auch nicht als Bremse gilt.
Zur Frage der Sicherstellung (fälschlich als „Einziehung“ bezeichnet) wird im Ausgangsbeitrag überhaupt keine gesetzliche Vorschrift zitiert – nicht einmal unvollständig. Grundsätzlich ist nach den Polizeigesetzen der Länder eine Sicherstellung zur Gefahrenabwehr möglich, um einen gesetzwidrigen Zustand zu beenden (z. B. § 38 ASOG – Berliner Polizeigesetz). Die Polizei hat dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Als milderes Mittel müsste sie zumindest erwägen, ob im konkreten Fall nicht die Androhung eines Zwangsgelds geeignet und ausreichend ist, um auf das künftige Verhalten des Radfahrers einzuwirken.
Eine ähnliche Sicherstellung hat schon einmal die Verwaltungsgerichte beschäftigt. Weil ein Karlsruher Liegeradfahrer sich beharrlich weigerte, Radwege zu benutzen, zog die Polizei sein Fahrzeug für ein halbes Jahr aus dem Verkehr. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hielt eine Sicherstellung für die Dauer von zwei Wochen für rechtmäßig. In dieser Zeit hätte die Behörde den Radfahrer „unter Androhung eines empfindlichen Zwangsgelds“ zur Benutzung der Radwege verpflichten können. Eine solche Befolgungsanordnung sei gegenüber einer lang anhaltenden Beschlagnahme das weniger belastende Mittel (VGH Mannheim 1 S 1862/99 und 5 S 2625/01).
Die Berliner Polizei könnte argumentieren, im Unterschied zum Liegerad-Fall seien hier die Fahrzeuge selbst verkehrswidrig und nicht die Art ihrer Benutzung. Die Einwirkung auf das Verhalten der Fahrer durch eine Befolgungsanordnung verspreche keinen Erfolg, deshalb müssten die Fixies sichergestellt werden. Ob sie damit vor dem Verwaltungsgericht durchkäme, ist ungewiss. Sicher ist: Längstens bis zu einem Jahr darf die Sicherstellung in Berlin dauern, in anderen Bundesländern nur sechs Monate.
Unverhältnismäßig und damit rechtswidrig erscheint jedenfalls die pauschale Ankündigung, sichergestellte Fahrräder zu verschrotten. Immerhin wäre aus den meisten Fixies und zwei Bremsen leicht ein gesetzeskonformes Rennrad zu bauen. Nur wenn jeder Einzelfall geprüft wird, kann als letztes Mittel auch eine Verwertung (Versteigerung) oder Vernichtung zulässig sein: falls „nach der Herausgabe die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden“ (§ 40 ASOG), das Rad also unverändert wieder gefahren wird. Die öffentliche Bekanntmachung, alle sichergestellten Fixies zu verschrotten, lässt Zweifel daran aufkommen, ob jeder Einzelfall geprüft werden soll. Das wäre Voraussetzung für eine rechtmäßige Ermessensentscheidung. Oder ist die Ankündigung nicht ernst gemeint und soll nur der Abschreckung dienen?
Dies ist ein Auszug aus meinem Beitrag inder ADFC-Mitgliederzeitschrift Radwelt 4/09, S. 18 („Fix aus dem Verkehr gezogen“).
Roland Huhn, ADFC-Rechtsreferent
Eine Einrichtung ist eine Ansammlung von Teilen – Kette, Kurbeln, Ritzel. Diese Einrichtung ist fest am Fahrrad verbaut, da sie nur mit Schraubenschlüssel gelöst werden kann. Ja, diese Einrichtung kann als Antrieb verwendet werden. Die gesetzliche Formulierung „JEDE Einrichtiung“ muss aber bedeuten: JEDE Einrichtung, auch wenn Sie als Antrieb genutzt werden kann. Man muss sich schon an den Gesetzeswortlaut halten! VG MP
Korrektur: § 65 Abs. 2 StVZO lautet „Als ausreichende Bremse gilt jede am Fahrzeug fest angebrachte Einrichtung, welche die Geschwindigkeit des Fahrzeugs zu vermindern vermag“, gilt also auch (aber nicht nur) für Fahrräder.
Auf die schriftliche Begründung des Bonner Urteils 337 Js 1152/09 und dessen Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der StVZO bin ich gespannt.
Roland Huhn, ADFC-Rechtsreferent
Roland, den Artikel in der ADFC-Zeitschrift habe ich auch gelesen 🙂
Moin, moin
nun ist ja etwas Zeit vergangen. Wird Zeit das Fixie-FAQ aufzufrischen!
Grüße
An einer Steller Ihrer Interpretation sehe ich einen Fehler.
Sie schreiben: „die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, schreibt vor, dass “alle Fahrzeuge eine ausreichende Bremse haben müssen, die während der Fahrt leicht bedient werden kann und ihre Wirkung erreicht, ohne die Fahrbahn zu beschädigen. Fahrräder müssen zwei voneinander unabhängige Bremsen haben.” (§ 65 StVZO). “
und weiter: „Die Kernfrage ist, ob eine starre Nabe als Bremse „leicht zu bedienen ist“. Als Bremse an einem Fahrrad versteht man eine Vorrichtung, die geeignet ist, die Fahrgeschwindigkeit zu reduzieren und das Fahrrad damit zum stehen zu bringen.“
Und hier liegt eine Fehldeutung vor, denn die Kernfrage ist nicht, ob die starre Nabe als Bremse „leicht zu bedienen ist“, weil der Gesetzgeber dies ja nur von einer Bremse verlangt.
Verfügt man über eine leicht zu bedienende Vorderradbremse, so kann die zweite auch schwer zu bedienen sein.
Lässt man nun die Definition gelten, dass jede Vorrichtung, die geeignet ist, ein Fahrzeug zu verzögern und zum stehen zu bringen, so ist auch die starre Nabe eine Bremse. Leicht zu bedienen spielt hier nach meiner Einschätzung keine Rolle, andernfalls hätte der Gesetzgeber dies in das Gesetz schreiben müssen, dass auch die zweite Bremse leicht zu bedienen sein muss, z.B.:
Fahrräder müssen zwei voneinander unabhängige und leicht zu bedienende Bremsen haben. Steht dort aber nicht.
Zudem möchte ich anmerken, dass die ersten Generationen von Fahrrädern alle einen starren Gang hatten und die ersten Fahrräder mit Freilauf damals als gefährlich eingestuft wurden. Es ist eine Frage der Gewöhnheit.
MfG