Im wesentlichen gibt es zwei Arten von Presse für Radfahrer: Zum einen die Beschreibung von Radfernrouten durch schöne Landschaften, zum anderen Artikel über bösartige Verkehrsrowdies. Die Rheinische Post hat auf ihrer Internetseite RP online einen Beitrag für die zweite Kategorie geschrieben.
Rücksichtslose Radfahrer – in der Stadt Münster, in der für mehr Strecken das Fahrrad (38%) als das Auto (36%) genutzt wird, scheinbar ein großes Problem. Daran, dass sich pro 100.000 Einwohner im vergangenen Jahr 244 mit dem Fahrrad verletzten, ist laut dem im Artikel zitierten Polizeidirektor Udo Weiss die mangelnde Normenakzeptanz der Radfahrer schuld. Solche Sätze, in denen lapidar ein Hauptschuldiger erklärt wird, sind für mich immer eine offene Einladung zu einem Blick in die Unfallstatistik: In Münster gab es im Jahr 2008 insgesamt 754 Fahrrad-Verkehrsunfälle, davon 41% (315) durch Radfahrer verursacht, weitere 10% (79) unter einer Mitschuld der Radfahrer. Gerade einmal 22% (167) der Unfälle fanden ohne Beteiligung von Kraftfahrzeugen statt. Hauptunfallgegner und damit Hauptrisiko im Straßenverkehr sind also motorisierte Fahrzeuge. Dass es insgesamt 9322 Verkehrsunfälle in Münster gab, ist ebenfalls interessant. Der grundauf schlechte münsteraner Radler ist nicht mal 10% der Unfälle des Straßenverkehrs verwickelt – und das als Hauptverkehrsträger.
Spulen wir nochmal zurück zur „mangelnden Normenakzeptanz“ der Radfahrer, so drängt sich der Verdacht auf, dass ein riesiger Block einfach unterschlagen wurde – die Normenakzeptanz der Kraftfahrer.
Der Polizeidirektor hat die Lösung für die Verbesserung der Situation parat – er fordert, „das Fahrrad und sein Besitzer als eigenständigen Punkt in die Straßenverkehrsordnung aufzunehmen“- dabei orientiert er sich (man lese mit ironischem Unterton) natürlich an den Unfallursachen: „Neben Geschwindigkeitsbegrenzungen, Parkverbotsflächen und Promillegrenzen schlägt er […] vor, dass alle Radfahrer über 16 einen Ausweis bei sich tragen. Und zu einer Haftpflichtversicherung verpflichtet werden.“ Unfallvermeidung durch Parkverbote und Ausweispflicht – super! Einzig die Haftpflichtforderung ist sinnvoll, trägt aber ebenfalls nicht zur Unfallvermeidung bei.
Polizeidirektor Weiss fährt übrigens laut Artikel nicht Rad, wegen der Unfallstatisik. Womit er sich fortbewegt, steht nicht im Artikel. Welches Verkehrsmittel bietet den optimalen Kompromiss zwischen Gefahr der Verletzung von Fremden und der eigenen Verletzung? Die Antwort des Herrn Polizeidirektor wäre interessant.