Über das Fahren mit starrem Antrieb hat es schon viele Debatten gegeben, viele Argumente sind gebracht und verschwendet worden. Neu ist das Fixiefahren nicht. In der Bahn ist es der Antrieb der Wahl, und noch in den späten dreißiger Jahren fuhren Chikagoer Polizisten auf Fahrrädern mit starrem Antrieb und riesigen Kettenblättern. Ohne Bremsen, wohlgemerkt.
Die aktuelle Wiederauflage der starren Sturmey/Archer Dreigangnabe ist ein Griff in den Fundus der Fahrradtechnik des beginnenden 20 Jahrhunderts. Und in Zeiten von vorverschlissenen Antriebskomponenten ist die minimalistische Fahrradmode eine erfrischende Bewußtseinserweiterung.
Dazu kommt, daß die vorgeschriebenen Sicherheitskomponenten am Fahrrad einzig der passiven Sicherheit der Radler/innen dienen. In Verkehrssystemen, die allein die körpereigenen Antriebskräfte zum Maßstab haben, mit Geschwindigkeiten, die nicht über 25 km/h hinausgehen, sind Bremsen und Beleuchtung überflüssig. Wichtig sind allein die Übersicht und das Verantwortungsbewußtsein der Fahrer, sowie die Möglichkeit, den vorhanden Raum ganz auszunutzen. Wer in Berlin Fixie fährt, weiß die Weite des Raumes in unseren Straßen zu schätzen. Beschränkt wird die Bewegungsfreiheit einzig durch die geordneten Bahnen der Auto-Infrastruktur. Wo einem Hindernis einfach ausgewichen könnte, muß angehalten werden, um das eigene Leben nicht zu gefährden.
Es ist kein Zufall, daß ausgerechnet das (noch)Autoland Deutschland mit die absurdesten Sicherheitsstandards für Fahrräder hat (Standlichtpflicht, kiloweise Reflektoren, Radwegbenutzungspflicht, etc.). In Ländern, die gezielt Freiräume für das Fahrrad schaffen, sind diese Vorschriften weniger streng oder werden weniger penibel überwacht. (Nicht umsonst ist das Reelight eine Erfindung aus Dänemark, einem Land, das noch mehr Fahrräder auf die Straße gebacht hat als die Niederlande.)
Fixiefahrerinnen sind also nicht pauschal verrückt. Vielmehr ist die gelebte Lust am puren Fahren eine Form urbaner Lebenskunst. Ganz wie beim Skaten, beim Free-Running und BMX geht es auch um die freien Entfaltung im urbanen Raum, verantwortungsbewußt als Gleiche/r unter Gleichen.