Die Linienstraße ist eine knapp zwei Kilometer lange Straße im Berliner Ortsteil Mitte und verläuft parallel zur verkehrsreichen Torstraße. Seit August 2008 ist die damals für 3,5 Mio. Euro umgebaute Linienstraße als Fahrradstraße freigegeben. Eine echte Fahrradstraße ist sie allerdings nicht. An jeder Kreuzung gilt Rechts vor Links und ein entspanntes Nebeneinanderfahren von Radfahrern ist angesichts des vielfach illegalen Kfz-Verkehrs ausgeschlossen. Das „Anlieger frei“-Schild wird von gefühlt 90 % aller Autofahrer ignoriert. Hinzu kommt, dass der Straßenquerschnitt wegen der beidseitigen Parkstreifen sehr eng ist.
Trotz ihrer Mängel wird die Linienstraße eifrig von radfahrern genutzt. Das Netzwerk Fahrradfreundliches Mitte führte im Juni 2017 eine Verkehrszählung auf der Linienstraße in der Zeit von 08:00 bis 09:00 Uhr durch. Ergebnis: Innerhalb einer Stunde wurden 1.942 Radfahrende und 92 Kfz gezählt. Gäbe es an der Linienstraße eine Radzählstelle, würde sie mit Leichtigkeit die „erfolgreichste“ automatische Dauerzählstelle für den Radverkehr an der Oberbaumbrücke übertreffen.
Nach langen Jahren der Stagnation kommt endlich Bewegung in die Umgestaltung der Linienstraße zu einer wirklichen Fahrradstraße. Die Bezirksverordnetenversammlung Mitte hat in der vergangenen Woche ein Paket zur Verbesserung der Linienstraße beschlossen. Sie wird durchgängig als Fahrradstraße ausgewiesen und als Vorfahrtstraße beschildert. Kreuzungen, an denen Radfahrer in Zukunft Vorrang haben, sollen rot markiert werden, um den Vorrang des Radverkehrs hervorzuheben. Ausgenommen von dieser Regelung sind die Rosa-Luxemburg- und Rosenthaler Straße, denn „der Antrag bezieht sich nicht auf solche Stellen, bei denen die Linienstraße überörtliche Hauptverkehrsstraßen in der Zuständigkeit der Verkehrslenkung Berlin (VLB) quert“.
Außerdem sollen abschnittsweise Einbahnstraßen für den Kfz-Verkehr eingerichtet werden, um den Kfz-Durchgangsverkehr wirksam zu unterbinden. Radfahrer erhalten eine „Radfahrer frei“-Regelung.
Die Bezirksverordneten wollen auch, dass auf der Mitte der Linienstraße ein 25 cm breiter grüner Strich aufgetragen wird, der den Charakter der Straße als Fahrradstraße betonen soll. Zitat Netzwerk Fahrradfreundliches Mitte: „Die grüne Markierung soll durch einen Breitstrich (RAL „Verkehrsgrün“, 25cm) erfolgen und die Fahrradstraße klar kennzeichnen. Durch die Visualisierung wird sichergestellt, dass Beginn und Ende der Fahrradstraße für alle Verkehrsteilnehmenden ersichtlich ist. Damit wird die Sicherheit der Radfahrenden erhöht und Nutzungskonflikte vermieden.“
Die Maßnahmen sollen schnellstmöglich umgesetzt und der Bezirksverordnetenversammlung Bericht erstattet werden. Dafür wird eine Frist bis zum 4. Mai 2018 gesetzt.
Bezirksverordnetenversammlung Mitte: Die Fahrradstr. Linienstr. sicherer machen und dem Fahrradverkehr Vorfahrt einräumen (pdf)
Netzwerk Fahrradfreundliche Mitte: Linienstraße – Fahrradstraße als Vorfahrtsstraße
Netzwerk Fahrradfreundliche Mitte: Baustein „Fahrradstraße als Vorfahrtstraße“ (pdf)
Wenn man die Linienstraße wirklich attraktiver für den Radverkehr machen will, dann sollte man auch mal an den Anschlussmöglichkeiten an den Enden der Strecke arbeiten. Aus der Friedrichstraße kann man durch die Tram-Haltestelle nicht vernünftig in die Linienstraße einbiegen. Da müsste dringend nachgearbeitet werden, wenn nötig auch durch eine Verschiebung der Haltestelle.
Am anderen Ende fehlt ebenfalls die Möglichkeit zum Abbiegen aus der Karl-Liebknecht-Str. aus Richtung Alex nach links in die Linienstraße. Da müsste man eine richtige Kreuzung mit Abbiegemöglichkeit für Radfahrer schaffen.
Diese schlechten Anschlussmöglichkeiten sind für mich (neben den vielen Rechts-Vor-Links Kreuzungen) ein Grund, warum ich meistens doch die Torstraße nehme. Wenn man eine neue Hauptverkehrsroute für den Radverkehr schaffen will, dann muss man auch mal gewisse Bauarbeiten durchführen, um einen guten Anschluss an das restliche Straßennetz zu schaffen. Nur ein paar Schilder reichen nun mal nicht aus, um eine Nebenstraße plötzlich attraktiv als Durchgangsstraße für den Radverkehr zu machen. Wenn man eine größere Straße für den Autoverkehr neu baut, dann wird auch selbstverständlich für einen vernünftigen Anschluss gesorgt.
Und noch eine unschöne Stelle: Zwischen Alte Schönhauser Str. und Rosa-Luxemburg-Str. muss man über eine Bordsteinkante durch einen Gehwegbereich fahren. Da wäre prinzipiell auch Platz für eine durchgehende Fahrbahn (allerdings ohne Parkplätze).
Und wenn man sich mal diese Kreuzung anschaut, dann kann man langsam nachvollziehen, warum Autofahrer am Ende doch (auch als nicht-Anlieger) die Linienstraße nutzen:
https://www.google.com/maps/@52.5288976,13.405271,3a,75y,193.91h,90t/data=!3m7!1e1!3m5!1sK1xo8zq4y50349OZ8ipAHA!2e0!6s%2F%2Fgeo1.ggpht.com%2Fcbk%3Fpanoid%3DK1xo8zq4y50349OZ8ipAHA%26output%3Dthumbnail%26cb_client%3Dmaps_sv.tactile.gps%26thumb%3D2%26w%3D203%26h%3D100%26yaw%3D188.57065%26pitch%3D0%26thumbfov%3D100!7i13312!8i6656?hl=de
Wenn man als Autofahrer aus Norden auf die Kreuzung Gromannstraße/Linienstraße zufährt, dann sieht man einerseits ein Schild, nach dem man nach rechts/links in die Linienstraße abbiegen muss und nicht geradeaus (in eine entegenkommende Einbahnstr) fahren darf. Andererseits darf man auch nicht in die Linienstraße abbiegen, wenn man kein Anlieger ist. Bei so einer Beschilderung braucht man sich wirklich nicht wundern, wenn Autofahrer dann doch in die Fahrradstraße fahren. Und nein, an der Kreuzung Torstraße/Gromannstraße ist kein Hinweis zu sehen, dass die Straße für nicht-Anlieger faktisch eine Sackgasse ist.
Aus der Friedrichstraße biegt man halbrechts auf den dreieckigen Platz, quert diesen und landet über eine Ausfahrt direkt auf der Linienstraße.
ja, aber das ist eher halbgares provisorium denn eine ernstzunehmende, ernstnehmende radverkehrsführung.
Ich bin jeden Tag (von der Reinhardstraße kommen) über Friedrichstraße in die Linienstraße gefahren. Allerdings immer über Johannis- und Tucholskystraße. Ist stressfreier.
Von der Linienstraße in die Friedrich geht direkt aber andersrum ist tatsächlich so direkt nicht empfehlenswert.
Sehe aber auch nicht das Problem eines fehlenden Anschluss an der Stelle.
Seit 2008 soll die Linienstraße erst Fahrradstraße sein? Ich bin 2009 aus Berlin weggezogen und bin längere Zeit nahezu täglich auf meinem Arbeitsweg durch die Linienstraße gefahren. War das wirklich nur ein Jahr lang? Kam mir viel länger vor. Naja ich kann keine Belege finden also wirds wohl stimmen.
Wenn die Situation immer noch so ist wie damals, dann kann ich an dem Maßnahmenpaket nichts finden, was irgendwas real ändert. Die einzigen Stellen wo man von Vorfahrt wirklich profitieren würde sind genau die beiden Querungen Rosa-Luxemburg-Straße und Rosenthaler Straße. An anderen Stellen musste ich höchst selten Vorfahrt gewähren.
Und das Hauptproblem, nämlich die illegale Nutzung durch KFZ (vornehmlich Taxen und Transporter die gerne auch aggressiv Radfahrer bedrängen) hat man damit auch nicht gelöst. Wäre aber sehr einfach, nämlich durch Poller die für Radfahrer durchlässig sind. Das funktioniert z.B. in München in der Karwendelstraße ganz hervorragend.
@Jakob: Vom Alex aus bin ich nie Linienstraße gefahren, da kommt man über Weinmeisterstraße besser und sogar kürzer nach Westen. Von der Karl-Liebknechtstraße kommt man halt schlecht zur Linienstraße was für eine Querunsgmöglichkeit schwebt Dir da vor? Die Anschlussmöglichkeit wurde wesentlich verbessert, als man an der Gorman/Chorinerstraße damals ne Querungsmöglichkeit geschaffen hat.
Die Linienstraße ist aber auch ein Paradebeispiel für das Unvermögen von Radfahrern, einfache Verkehrsregeln wie rechts vor links zu beachten. Das ist unter anderem Grund für mich, lieber die Torstraße weiter zu nutzen.
Schade, aus meiner Sicht die falsche Lösung für das Problem, falls es überhaupt eines gibt. Rechts-vor-links sollte generell gelten, Vorfahrtsstraßen ganz abgeschafft werden. Das leichte Abbremsen an Kreuzungen – wann muß man schon mal wirklich halten? – hilft den Verkehr zu entschleunigen, auch den Fahrradverkehr. So haben Fußgänger auch mal eine Chance, die Straße zu queren.