In einer gemeinsamen Pressekonferenz der Berliner Polizei, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Unfallforschung der Versicherer wurde heute die neue Fahrradpolizei vorgestellt, die vorerst in den nächsten drei Jahren in der östlichen City zwischen Alexanderplatz und dem Brandenburger Tor eingesetzt werden soll. Die insgesamt zwanzig Beamten, darunter fünf Polizistinnen, die in den kommenden 36 Monaten ihren Dienst auf Rädern ableisten, sollen 365 Tage im Jahr zwischen 8:00 und 18:00 Uhr im Innenstadtbereich des Bezirks Mitte – einschließlich des Ortsteils Tiergarten und des Regierungsviertels – eingesetzt werden. Ausnahmen sollen nur an Tagen gemacht werden, an denen es unter minus fünf Grad Celsius ist. Hauptaufgabe der Fahrradstaffel wird die Verkehrsüberwachung sein, „und zwar mit deutlichem Bezug zum Verhalten von Radfahrern aber auch gegenüber Radfahrern.“
Finanziert wurde das Polizeiprojekt auch mit Mitteln der Versicherungsindustrie sowie dem Stadtentwicklungsenat. 32.000,- Euro wurden investiert, um 20 Treckingbikes und zwei Pedelecs anzuschaffen. Ursprünglich hatte man geplant, die gesamte Fahrradstaffel mit schnellen S-Pedelecs auszustatten. Diesen Plan habe man schnell aufgegeben, weil die Fahrradpolizisten auf Fahrradwegen und Radstreifen fahren sollen und dort sind die 45 km/h-schnellen E-Bikes nicht zugelassen.
Allein 39.000,- Euro wurden aufgeboten, um einen kompletten Satz neuer Polizeiuniformen für die Rennleitung zu kaufen. Das Fotoshooting nach der Pressekonferenz hatte denn auch den Charakter einer kleinen Modenschau. Jeder Entlüftungszipper, jede atmungsaktive Textilie von Sommer- und Winterkollektion wurde gesondert vorgestellt.
Der Einsatz der Berliner Fahrradstaffel bis zum Sommer 2017 wird umfangreich evaluiert. Dazu Siegfried Brockmann, Leiter Unfallforschung der Versicherer: „Das zunehmende Radverkehrsaufkommen erfordert neben entsprechenden Investitionen in die Infrastruktur auch eine Verbesserung der polizeilichen Überwachung. Das betrifft sowohl Verstöße von Radfahrern, als auch von Kraftfahrern gegenüber Radfahrern. Ob polizeiliche Radstaffeln hier erfolgreich sein können, ist eine Vermutung, die noch nie bewiesen wurde. Wir sind deshalb dankbar, dass alle Beteiligten die wissenschaftliche Begleitung der Einführung durch die Unfallforschung der Versicherer unterstützen.“ Da man sehr viele Daten bereits vor der Einführung der Fahrradstaffel ermmittelt habe, könne man einen Vorher- Nachher-Vergleich als auch einen Ja-Nein-Vergleich durchführen, etwa, indem die verkehrliche Situation im Einsatzbereich der Fahrradstaffel mit einem Bezirk ohne Polizei auf Rädern vergleiche.
Nach dem dreijährigen Erprobungszeitraum der Berliner Fahrradstaffel soll entschieden werden, wie es weitergeht. Das könne bedeuten, dass das Modell der Fahrradstaffel auf andere Bezirke ausgeweitet wird, im anderen Falle könne es aber auch das Ende einer Berliner Fahrradpolizei heißen.
Ich begrüße die erste „Fahrradstaffel“ der Berliner Polizei!!
Aber dass man sich die Kosten für die Ausrüstung von gerade mal 70.000 Euro sponsern lässt (lassen muss??), ist schon peinlich!
… oder lässt sich demnächst die Berliner Polizei auch ihre Streifenwagen und die normalen Dienstuniformen auch sponsern??
Der einzige Vorteil dieses Sponsering: es wird eine Evaluation der ersten drei Jahre geben und damit vsl. mehr Transparenz über alltägliche Verkehrssicherheitsarbeit als bei der restlichen Polizeiarbeit. In der Hinsicht habe ich großes Vertrauen in Herrn Brockmann und seine Unfallforscher!
Wer deren Arbeit nicht kennt:
http://udv.de/
bzw. ihr Blog
http://verkehrssicherheit.org/
danke für die warnung. hähä! ..scherz!
Allein 39.00,- Euro wurden aufgeboten, um einen kompletten Satz neuer Polizeiuniformen für die Rennleitung zu kaufen.
39€? So teuer?!
Och nö, und wie komme ich dann vom Brandenburger Tor zum Bremer Weg? Geht doch gar nicht ohne Regelverstoß 🙂 Ich hoffe, wo es gar nicht anders geht, ist etwas Pragmatismus erlaubt.
Aber mal im ernst, gute Sache. Ich beklage ja seit langem, dass ich als normaler Radfahrer die Polizei nicht auf meiner Seite habe, da sie die Verkehrssünden gegenüber Radfahrern nicht ernstnimmt. Sicher ist sowas ein Tropfen auf den heißen Stein, aber echte Radfahrer in der Behörde können nicht schaden.
Kann man nur hoffen, dass die sich nicht in den gemütlichen Tiergarten zurückziehen, sondern auch wirklich mal die harten Straßen in Augenschein nehmen.
@Tom: Danke, ist verbessert.
So was sollte standard werden – in allen Städten – und vor allem nicht nur irgendwelchen Zentrumsbezirken.
3 Jahre Testzeitraum? Das heisst, jetzt braucht erst mal niemand mehr hoffen, dass dieses Beispiel Schule macht. Jetzt wird erst mal 3 Jahre getestet und evaluiert. Es gibt einfach keinen Grund, warum solche Streifen nicht genauso sinnvoll sein sollten, wie Fussstreifen.
Ausserdem sollte man auch mal über zivile Radstreifen nachdenken – gerade das Fehlverhalten von Autofahrern werden diese neongelben Zeitgenossen eher selten wahrnehmen.
… als ich gestern die Meldung mit den Fahrradrowdies im Radio gehört hatte, ist mir erstmal schlecht geworden. Hat irgendjemand im Zusammenhang mit Polizeimeldungen schon mal das Wort Autorowdies gehört?
Was die neuen Polizeifahrräder, die lange Vorbereitungszeit und dann noch das Sponsoring betrifft, bin ich vom Ergebnis eher enttäuscht. Die anfängliche Idee bestand nicht aus S-Pedelecs, sondern auch Pedelecs – also die, die in 95 Prozent der Fälle Standard sind und mit 25 km/h plus 3 km/h Toleranz eben 95 Prozent der Zielgruppe locker hinter sich lassen.
Meine Erfahrung mit 25-km-h-Pedelecs ist, dass man im Berliner Alltag praktisch nicht durch andere Radfahrer überholt wird (was mir auch sonst selten passiert) und an der Kreuzung garantiert der Erste ist.
Genau diese E-Bikes hätten auch Spaß gemacht und man hätte dieses Land mal als innovativ und begehrenswert darstellen können. Stattdessen wiederholen wir jetzt, was Ende der 1990er Jahre mit genau der gleichen schicken Ausrüstung bereits einmal schief gegangen ist. Erinnert sich noch jemand daran? Die Polizei hatte diese schicken grünen Goretex-Klamotten und nicht weniger schicke Mountainbikes angeschafft. Sogar eine erstklassige Fahrradwerkstatt, erstklassig ausgestattet wurden im Polizeipräsidium Platz der Luftbrücke eingerichtet.
Wer heute die Augen aufhält, der kann hin und wieder noch mal einem dieser Fahrradpolizisten 1.0 begegnen. So bin ich Ende letzten Jahres mit einem im RE Richtung Frankfurt gefahren, der in der alten (noch immer hochwertig aussehenden) Fahrrad-Uniform und seinem eigenen (sehr hochwertigen) Mountainbike jeden Tag in Berlin Streife fährt.
Das Problem damals war, dass sich sehr schnell die Spreu vom Weizen getrennt hat. Die Technik vergammelte (der Verschleiß in der Fahrradbranche ist gnadenlos) und die Leute hatten von allen möglichen Attesten bis zu den üblichen Sachen wie Regen, Kälte oder Sonne keine Lust mehr. Oder so ähnlich.
Wenn ich mir das linke Fahrrad auf dem Bild oben anschaue, scheint zudem die Ausrüstung auch nicht ganz der StVZO zu entsprechen – auch wenn es nur um den scheinbar fehlenden Reflektorstreifen am Reifen geht.
Sinnvoll, innovativ und möglich wäre allerdings die Ausstattung der Räder mit GoPro oder ähnlichem und Abstandstechnik gewesen – das wären mal interessante, gerichtsfeste Daten, um dem Hauptproblem des Überholen ohne Sicherheitsabstand mal was entgegenzusetzen.
So bleiben erstmal die unverbesserlichen Fahrradrowdies, während andere alles richtig machen und noch zusätzlich durch Flitzerblitzer oder Parkwächter schikaniert werden.
… liebe Radspanner, bitte mal die 12 in „25-km-h-Pedelecs (die auf jedem Radweg fahren dürfen)“ ändern … 🙁
Nettes Vorhaben. Da hat man sich ja vergleichsweise viel vorgenommen. Kann man nur viel Glück wünschen, denn das werden sie auch brauchen.
Nach dem Lesen umkreisen jedoch Schwärme von Fragezeichen mein Haupt.
Da wären direkt einmal die Dienstzeiten. 8 bis 18Uhr? Aha. Und davor und danach? Ab 7 Uhr ist doch wohl minimum, denn sonst erreicht man die lieben Kinderlein auf dem Weg zur Schule nicht. Und nach 18 Uhr fährt keiner mehr mit dem Rad? 22 Uhr würde ich hier auch als Minimum ansehen.
Und weshalb kein Dienst bei unter -5°C? Und bei zu schlechtem Wetter? Hat sich wieder kein Sponsor für die dann sinnvolle Austattungsergänzung gefunden? Sorry, ich kann und werde sowas erst dann ernst nehmen, wenn der Radverkehr als Ganzes ernstgenommen wird und dazu gehört auch ein vollwertiger Winter- und Schlechtwetterbetrieb. Otto Normalradler kommt damit ja auch klar, weshalb also soll es für die Rennleitung unzumutbar sein?
Dann findet sich kein Wort zur Qualifikation der Beamten für dieses „Ableisten“ des Dienstes. Gerade das wäre aber eine höchst spannendes Frage und Sache, denn was nützt all das schicke Material, wenn sie nicht wissen was sie tun?
Verstöße des Kraftverkehrs gegenüber Radfahrern, sind bei schlechtem Wetter nochmal besonders riskant und gerade dann ist Präsenz wichtig.
Und was soll diese dünne Begründung auf die S-Pedelecs zu verzichten? WENN man auch den Kfz-Verkehr gezielt mit auf dem Kieker haben will, DANN braucht es nen bisserl mehr Potential! Und mit dem S-Pedelec muss man ja nicht 45 fahren. Es dürfte doch wohl kein Problem sein, hier eine Sondergenehmigung zu erfinden.
Aber vielleicht hat sich ja auch kein Sponsor dafür gefunden…
Die Räder an sich finde ich für echte Polizeiarbeit dürftig ausgestattet. Aber so ist das wohl, wenn man nur Geld-ohne-Ende für nen Brandschutzfluchhafen hat und nicht für die wirklich wichtigen Dinge.
Unterm Strich aber, darf man nun also erstmal gespannt sein, wie sich die Dinge in den nun beglückten Bezirken so entwickeln.
Aber immerhin hat sich wirklich ein klein wenig was getan!
Oops! Keine Ahnung weshalb, aber der Miniabsatz „Verstöße des Kraftverkehrs..“ sollte am Ende des vorangegangenen Absatzes zur Wetterfrage stehen und nicht bei der Qualifikation. Wie ist mir das nur wieder passiert? *grübel*
Man muss sich wundern, was hier als neu beschrieben wird. Ich habe hier den Tagungsband einer Fortbildung im Juni 1997 an der hiesigen Verwaltungsfachhochschule liegen, die sich mit Fahrradstreifen beschäftigte. Die Referenten aus NRW, Nds und SH führten (damals – 1997!) aus der Erfahrung ihrer jeweiligen Fahrradstreifen an, dass Fahrradstreifen nicht etwa etwas Neues seien, sondern eigentlich ein alter Hut. Sie seien richtig effektiv (nicht UDV-evaluiert, aber jeweils Polizei-intern ermittelt). Und die Effektivität beschränke sich nicht nur auf den Verkehr im Allgemeinen und den Radverkehr im Besonderen, sondern erstrecke sich auf Einsätze aller Art, insbesondere auf die Bekämpfung der Straßenkriminalität.
… Dietmar, dann biete doch der Berliner Polizei mal kurzfristig eine Weiterbildung an.
> Man muss sich wundern, was hier als neu beschrieben wird.
Gelogen wird eben überall.
> darunter fünf Polizistinnen
Quote! Wo bleibt denn hier die Quote?! Ich will gefälligst abwechselnd von nem richtigen Kerl und ner heißen Tussi abkassiert werden.
Nur über -5° und bei Tageslicht? Die scheinen ein wenig verweichlicht. Da brauchen sich richtige Radfahrer ja kaum Sorgen machen, außer vielleicht, was den Tarn-Faktor angeht. Obwohl… Partnerlook in Sicht = Brav sein oder Abhauen.
> als auch von Kraftfahrern gegenüber Radfahrern
Einzig dabei darf man gespannt sein. Die Berliner sind aufgerufen, die neue Staffel genau im Auge zu behalten bezüglich ihrer Vorurteile Rad-/Autofahrer.
Der Artikel und der Kommentar von Peter Neumann sind auch lesenswert:
http://www.berliner-zeitung.de/polizei/fahrradstaffel-der-berliner-polizei-mit-dem-trekkingrad-auf-streife,10809296,27863062.html
bzw.
http://www.berliner-zeitung.de/polizei/stadtbild-mehr-blau-auf-die-strasse,10809296,27863962.html
Z.B. dass sich für die 20 Arbeitsplätze 60 Polizist/inn/en beworben hatten.
@Dietmar K.:
Das ist ja … lustig. Hier gab es letztes Jahr (Frühjahr) einen skurilen Banküberfall mit ansehnlichem Komplettversagen der Polizei. Da dachte ich auch, JETZT wären Uniformierte auf Rädern ne echt tolle Sache, denn bei der Nahbereichfahndung kamen die zierlichen Motorräder natürlich in viele Wege gar nicht erst hinein, oder sie wäre da ohne Kran nie wieder heraus gekommen. Entsprechend lückenhaft war die Fahndung. (Und den Helicopter musste man nach nen paar Minuten wieder abzischen lassen, weil Tank kurz vor leer. Dabei war der Flugplatz mit eigenem Tankwagen vis-a-vis gegenüber, aber vielleicht hatte man ja keine Kreditkarte dabeiß)
Klar bietet sich mit Fahrrädern in Städten in großes Potential für Polizeiarbeit. Aber irgendwie … tja man weiß es nicht, woran es denn liegt.
@Quotient:
Na, nicht gleich das Schlimmste annehmen. Lügen kann man ja nur, wenn man um die Wahrheit weiß, sie aber bewußt verschweigen will. Es kann daher auch die ganz normale Dummheit vollkommen ausreichen, um es zu erklären.
die fahrradcops trauen sich sogar die chausseestr bis an den wedding – und lungern dann auf den rädern auf dem fußsteig rum 🙂