Fast alle, die ein Altersheim betreten haben, kennen das. Im Eingangsbereich sitzt immer eine mehr oder weniger große Zahl von Bewohnern, die warten. Warten auf Besuch, warten darauf, einmal abgeholt zu werden. Zu manchen kommt nie jemand, trotzdem sitzen sie dort. Andere werden abgeholt. Meist mit dem Auto an eine Kaffeetafel gefahren, dort hingesetzt, um nach zwei Stunden wieder zurück gebracht zu werden. So sieht der Regelfall aus, und er hat mehr mit schlechtem Gewissen der Verwandtschaft, als mit echtem Interesse zu tun.
Seit etwa einem Jahr gibt es in Kopenhagen eine Alternative zu diesem Trauerspiel: Das Projekt „altersloses Radfahren“ (Cykling uden alder). Alte Menschen werden von Freiwilligen zu einer Fahrrad-Tour abgeholt. Und das bringt eine komplett andere Qualität in ihr Leben. So ein typischer Ausflug mit einer Christiania Rikscha hat einiges zu bieten. Das Rad bietet vorne zwei Sitzplätze mit einem tiefen Einstieg, damit freie Sicht und kommunikativen Austausch mit dem Mit- sowie dem Radfahrer. Die Reise an der frischen Luft dauert ungefähr eine Stunde und führt oft an vertraute Orte der Passagiere. Das kommen Gefühle von Freude und Freiheit auf und es gibt viel zu erzählen. Radler allen Alters begleiteten die Ausflüge und es gibt aber auch individuelle Fahrten.
Die Idee zu diesem Projekt stammt vom Kopenhagener Ole Kassow. Inzwischen sind über 100 Aktivisten dabei und die Stadt unterstützt die Aktion durch den Kauf von Rikschas. Ziel der kommenden Monate ist, das vor allen Kopenhagener Altersheime zumindest eine Rikscha steht, mit der 10 bis 15 Freiwillige Ausflüge anbieten. Andere dänische Städte haben bereits nachgezogen und auch in Norwegen beginnt die Bewegung sich zu entfalten.
„Jeder hat ein Recht auf Wind in den Haaren!“ lautet das Motto. Im Alter heißt das, die Reichweite wieder auszudehnen, Isolation und Einsamkeit zu durchbrechen. Und so mancher 70jährige, wird vielleicht den Mut zurückgewinnen, wieder auf ein Rad zu steigen. Von den Vorteilen für die Geist und Gesundheit ganz zu schweigen.
Und für den 11. September 1914 2014 plant Ole Kassov den großen grenzüberschreitenden Trip. Ein Gang von tapferen Oldies und kräftigen Youngstern am Lenkrad machen sich mit Rikschas (und einem Begleitbus) von Odense nach Hamburg aufmachen, um für die Bewegung zu werben. Immerhin sind das über 300 Kilometer. Rikscha-Fahrer werden noch gesucht.
Guny
Er plant für den 11. September 1914? Respekt, wenn das kein Tippfehler ist bin ich tief beeindruckt dass es jetzt Fahrräder mit Fluxkompensator gibt und diese die nötige Sprunggeschwindigkeit von 88 Meilen pro Stunde erreichen. 😉
Ich stelle mir da gerade meine älteren Verwandten vor. Demütigend, in dem Alter in so ein minderwertiges Verkehrsmittel gesetzt zu werden 🙂
Die Idee ist wirklich sympathisch, da sie ja auch Grundbedürfnisse wie das nach Tageslicht und unterschiedlichen Wettersituationen befriedigt.
@Emmett Brown: Danke, ist korrigiert.
Zurück in die Zukunft haha 😀
Beeindruckende Sache!
Aber nach Hamburg? Das kann doch eigentlich nur in die Hose gehen, bei der „““Fahrradfreundlichkeit“““ der Hanselstadt Hamburg – Huuup Huuup.
Aber vielleicht läßt sich ja der – Danke Wikipedia! – Klaus Karl Anton von Dohnanyi als Fahrgast gewinnen? Er hat Hamburg nicht nur 7 Jahre lang regiert, sondern ist auch Gründer der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte. Und DAS passt dann ja auch gut für die Rikscha-Aktion. *flöööööt*
Wie kann man sowas in Berlin aufziehen? Ich wär dabei.
Ick och – wirklich schöne Idee!
Wo kann man sich in Berlin Rikschas leihen?
Jörg, guckst Du hier: http://pro-rikscha.de/betreiber/berlin-brandenburg/
Es wäre nicht die erste Rikschafahrt von Dänemark nach Hamburg. Aus Kopenhagen starteten vor einigen Jahren Rikschafahrer nach Hamburg mit den gleichen Christianiamodellen – just for fun . . .
Eine interessante Diskussion über Durchführungsmöglichkeiten in Berlin oder Hamburg gab es schon hier
Tolle Idee. Ich wusste gar nicht das es auch hier Rikschas gibt.