Zwei Abbiegemanöver von Lastkraftwagen und zwei schwerverletzte Radfahrerinnen, das ist die Bilanz der letzten Stunden. Unter der Überschrift „Radfahrer übersehen“ berichtet die Polizei von einem Rechtsabbiegeunfall in Treptow-Köpenick, der sich vor Einbruch der Dunkelheit ereignete:
„Bei einem Verkehrsunfall ist gestern Nachmittag eine Frau in Adlershof schwer verletzt worden. Gegen 16 Uhr bog ein Lastwagenfahrer, der die Rudower Chaussee befuhr, an der Einmündung Groß-Berliner-Damm nach rechts ab und übersah dabei die Radfahrerin, die in gleicher Richtung die Rudower Chaussee befuhr. Es kam zum Zusammenstoß. Die 34-Jährige stürzte zu Boden und brach sich den rechten Unterschenkel. Sie wurde von alarmierten Rettungskräften in ein Krankenhaus gebracht. Der 52-jährige Fahrer des Lkw blieb unverletzt.“
Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 0352 vom 31.01.2012 – 09:00 Uhr
Das ist die Perspektive des Lastwagenfahrers in der Rudower Chaussee. Der Hochbordradweg, auf dem sich die Radfahrerin vermutlich befand, wird etwa zwanzig Meter vor der Ecke zum Groß-Berliner-Damm direkt an die Fahrbahn herangeführt.
Einen Linksabbiegeunfall zwischen einem LKW und einer Radfahrerin gab es heute früh in Tempelhof-Schöneberg. Überschrift der Polizeimeldung: „70-jährige Radfahrerin bei Verkehrsunfall schwer verletzt“.
„Schwere Kopfverletzungen erlitt eine 70-jährige Radfahrerin heute Vormittag in Tempelhof bei einer Kollision mit einem Lkw. Der 47-jährige Fahrer bog gegen 9 Uhr 45 mit seinem Selbstlader von der Ringbahnstraße nach links in die Manteuffelstraße ein. Dabei streifte er nach bisherigen Erkenntnissen die 70-Jährige, die mit ihrem Rad – aus derselben Richtung kommend – gerade die Fußgängerfurt in der Manteuffelstraße überquerte. Die Frau erlitt bei dem Unfall schwere Kopfverletzungen und wurde durch alarmierte Rettungskräfte in ein Krankenhaus gebracht. Der Lkw-Fahrer blieb äußerlich unverletzt, konnte aufgrund eines Schocks seine Fahrt jedoch nicht fortsetzen.“
Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 0359 vom 31.01.2012 – 15:05 Uhr
Das in Adlershof ist relativ neu gebaut, ich kann kein Jahr nennen. Auch auf dem Groß-Berliner Damm musste man unbedingt Radwege – natürlich benutzungspflichtig – anlegen, trotz völligen Neubaus der Straße. Das wurde damals glaub ich auch hier im Blog thematisiert.
Man sollte Verkehrsplaner, die wider besseren Wissens so ein Zeug planen, haftbar machen. Gerade bei neu angelegten Straßen ein absolutes Unding.
die ganze gegend da ist ekelhaft „verradwegt“. als ich im sommer letzten jahres zuletzt dort unterwegs war ist mir allerdings kaum benutzungspflicht aufgefallen. eine expedition dahin sollte also mal abklären inwieweit die google-maps bilder noch aktuell sind.
treptow-köpenick ist eigtl. auch einer der letzten bezirke, dessen tiefbauamt noch ganz fest die strategie verfolgt, dass jede hauptverkehrsstraße einen baulichen radweg haben muss.
Die völlig sinnlosen (da sind ohnehin zwei Fahrspuren pro Richtung, es zieht also nichtmal das Argument der Verkehrsbehinderung) und gepflasterten Radwege auf der Rudower Chaussee wurden vor zwei, drei Jahren von irgendeinem Verkehrsforscher sogar als vorbildlich präsentiert.
Darüber hatte ich mich damals schon bei ihm beschwert, ohne dass es zu einer Korrektur der Behauptung kam.
ist das eine treptow-köpenicker spezialität? in pankow in der berliner straße -stadtauswärts, ab kurz vor bahnhof- wurde ja auch ein hochbordradweg neu gebaut (also, ich bilde mir zumindest ein, dass er im herbst 2011 noch nicht so da war.). ganz clever: er endet in einer bushaltestelle…
erfreulicherweise ist dieser müll immerhin nicht benutzungspflichtig.
ich bin mal gespannt, was den radler auf der anderen straßenseite erwartet, falls die bauarbeiten dort mal beendet sein sollten.
Die Ecke da ist ein wahrer Mordanschlag.
Besonders beeindruckend ist das Ernst-Ruska-Ufer, dort ist auf der südlichen Straßenseite der Hochbordradweg durch eine Wand von der nebenherlaufenden Straße getrennt. Diese Wand hört erst eine Autolänge vor der Haltelinie auf, rechtsabbiegende Auto- oder LKW-Fahrer haben dort überhaupt keine Chance, Radfahrer wahrzunehmen.
http://g.co/maps/9hh8p
Zwar ist diese Wand durchscheinend („transluzent“), aber dadurch ist nur schemenhaft wahrzunehmen, was dahinter vor sich geht.
Die Streetview-Darstellung http://g.co/maps/fmdrv zeigt diese Wand deutlich durchscheinender, als sie wirklich ist (Graffiti und deren Beseitigung werden dazu beigetragen haben wie auch die UV-Einstrahlung).
Wer so etwas baut, will Radfahrer töten.
Oh Herrje, wer denkt sich sowas aus? Das macht auf garkeine Weise Sinn. Wenn es schon in „normalen“ Rechtsabbiegesituationen für Kraftfahrzeugführer unmöglich ist korrekt abzubiegen, wieso baut man dann noch so eine Sichtbehinderung zusätzlich ein?
Beim Tagesspiegel hat man den Schuldigen schon gefunden. Ein „Auch-Radfahrer“ unterstellt der Radlerin, stur ihr „Recht“ durchgesetzt zu haben und selbst Schuld zu sein. Ich sollte sowas nicht so spät lesen … regt mich auf.
Ja, ganz klar, immer die Rentnerinnen und Rentner die ihre Rechte durchsetzen, wie war das noch, Kampf den Kampfradlern? Ich könnte kotzen wenn bei den Rechtsabbiegeunfällen, die ja oft Kinder oder eben Rentner sind, sofort die „selbst Schuld“ argumentation gezogen wird.
Auch gut eingeschossene Radweg-Gegner können doch wohl nicht allen Ernstes behaupten, dass der Radweg hier eine Unfallursache gesetzt hat. Übersichtlicher geht es überhaupt nicht. Der LKW-Fahrer hat die Radlerin nicht einfach „übersehen“, sondern ist rücksichtslos und fahrlässig unaufmerksam abgebogen. Jeder halbwegs vernünftige Kraftfahrer weiß, dass er an solchen Stellen verstärkt aufmerksam sein muss. Wäre ich Richter, würde ich in diesen Fällen dazu neigen, eine grobe Fahrlässigkeit oder jedenfalls ein erhöhtes Maß an Schuld anzunehmen und im Sinne der Prävention entsprechend hart verurteilen.
@kl: Fehler liegen im System Mensch begründet. Das System drumherum muss so gebaut sein, dass diese Fehler nicht zu schweren Folgen führen und hier sind Radwege in der in Deutschland gebauten Form offenbar ein untaugliches Mittel. Natürlich ist ein Radweg nicht Ursache des Unfalls, aber er kann ihn in der Regel nicht verhindern.
@kl, die Toter-Winkel-Problematik ist Dir vertraut? Die Übersichtlichkeit der Stelle kann noch so groß sein, beim aktuell zulässigen Fahrzeugbestand hilft das nichts.
Doch. Selbstverständlich. Auch hier ist der Radweg schuld. Die von Dir beschriebene tolle Sichtbarkeit ist nur für eine recht kurze Phase überhaupt nützlich – nämlich dann, wenn Radfahrer und Autofahrer vor der roten Ampel stehen. Sobald aber der Verkehr fließt, bringt das überhaupt nichts.
Schuld ist das Konzept des Radweges, der Separation, weil nur dadurch überhaupt geradeausfahrende Radfahrer rechts von rechtsabbiegenden Autofahrern plaziert werden. Würden Radfahrer genau dort fahren, wo sie hingehören, mit ausreichend Abstand zum Fahrbahnrand, würden sie nicht lebensgefährlich NEBEN den Rechtsabbiegern fahren, sondern davor oder dahinter.
Sogenannte „Radspuren“ oder auch „Angebotsstreifen“ verbessern die SItuation übrigens auch nicht. Solange geradeausfahrende Radfahrer das rechts von rechtsabbiegenden Autos tun, ist der primäre Tatbestand der Separation erfüllt.
Hier in OL versucht man es gerade wieder mit Spiegeln, netter Versuch, aber wie will man die LKW-Fahrer darauf sensibilisieren. Zudem muss dieser dann auch noch zusätzlich darauf achten, ist das eine Ampel mit Spiegel oder nicht? http://bit.ly/yoGv39
@ berlinradler
Den „Toten Winkel“ gibt es für Lkw ab 3,5t seit dem Jahr 2009 nicht mehr. Es müssen seitdem auch ältere Lkw mit Weitwinkelspiegeln ausgestattet oder nachgerüstet sein. Diese Spiegel ermöglichen dem Kraftfahrer alle Bereiche rechts neben dem Fahrzeug einzusehen.
Radunfälle mit abbiegenden Lkw geschehen, weil die Berufskraftfahrer im Lkw nicht in die Spiegel schauen. Die Strafe für einen so getöteten Radfahrer ist eine Geldstrafe in Höhe von 3000,- bis 4000,- Euro.
Bei Pkw ermöglicht der Schulterblick die Sicht in den „Toten Winkel“ des Rückspiegels.
Der „Tote Winkel“ wird immer wieder angeführt, wenn Unfälle durch Kraftfahrer beim Abbiegen verursacht werden. Meist dient der Hinweis auf den „Toten Winkel“ als Entschuldigung für das Fehlverhalten des Kraftfahrers. Tatsächlich können alle Kraftfahrer beim Abbiegen den Bereich rechts neben dem Fahrzeug einsehen. Kraftfahrer müssen sicherstellen, dass sie beim Abbiegen niemanden gefährden, tun dies aber häufig nicht.
Wer nichts sieht, darf nicht fahren!
@Zahlendreher, ich hab mal bei Wikipedia geschaut. Also ab April 2009, Übergangszeit 2 Jahre (also bis April 2011), und Nachrüstung nur für Lkw mit einem Zulassungsjahr ab 2000. Insgesamt dürfte das tatsächlich ein beträchtlicher Teil des Fahrzeugbestandes sein. Eine gute Grundlage, um mal in den Statistiken nach Auswirkungen dieser Regelung zu suchen. 🙂
Im Tagesspiegel war kürzlich ein Artikel über einen Lkw-Fahrer, der eine Fußgängerin beim Rechtsabbiegen totgefahren hat. Der hatte zuvor so einen neuen Spiegel angebracht. Trotzdem konnte er, so war die Aussage eines Experten in der Verhandlung, die Fußgängerin nur 2 Sekunden sehen. Das ist vielleicht etwas wenig, wenn es um die Sicherheit von Menschen geht.
Also ich stehe gerne neben rechts abbiegenden LKWs, nämlich links von diesen.
Ich bin vor vielleicht fünf Jahren mal mit so einem „LIeferwagen“ gefahren, so eine Blechkiste namens „Sprinter“, mit der all‘ möglicher Krempel durch die Stadt und übers Land bewegt wird. Damit sollte ein Umzug veranstaltet werden, ich hab das Ding beim Autoverleiher abgeholt.
Beim Rechtsabbiegen sieht man aus diesen Dingern überhaupt gar nichts. Einen Radfahrer rechts neben sich kann man nur wahrnehmen, wenn der wirklich exakt parallel zum Lieferwagen bewegt. Steht man aber beispielsweise im 30°-Winkel, weil man eben schon die Lenkung eingeschlagen hat, um in eine Seitenstraße einzubiegen, hat man exakt gar keine Chance, Radfahrer zu sehen. Man muss so eine Kiste blind fahren — oder eben einen Beifahrer dabeihaben.
Der Beifahrer war übrigens bei LKWs bis vor gar nicht so langer Zeit gesetzlich vorgeschrieben, und wurde abgeschafft, damit die Fuhrunternehmen (was man heute „Logistik“ nennt) Geld sparen können.
@Nullbock-Horst: wieder was dazugelernt: „Separation“. Klingt gut und ist auch klar, dass die Separation eine Unfallursache setzen kann. Ohne Separation fällt eine Unfallursache weg. Dafür kommen aber andere hinzu, die es mit Separation nicht gibt. Auffahrunfälle. Der Radler kann von einem nachfolgenden Fahrzeug gerammt oder überfahren werden. Zu geringe hintere und seitliche Sicherheitsabstände, überhöhte Geschwindigkeit, Alkohol, Sturz des Radlers auf die Fahrbahn vor ein nachfolgendes Fahrzeug. Und Problem dabei: hinten haben Radler (noch) keine Augen und somit auch keine Kontrolle. Die Verkehrsplaner sollten immer schauen, welche Variante – Radweg, Fahrbahn, Fahrstreifen oder Tempobegrenzung – im konkreten Fall die Beste ist. Aber nicht nur an die Kosten, sondern auch an Kinder, Alte und gesundheitlich Eingeschränkte denken, denen die erforderliche Fahrsicherheit für das Fahrbahnfahren oftmals fehlt.
Zum Thema „Blind fahren“. Gefährlich ist es nur, wenn jemand so einen Sprinter das erste Mal fährt und mit dem Fahren nach Spiegel noch keine Routine hat. Vielleicht war auch der Spiegel falsch eingestellt. Man muss mit LKW generell vorausschauender und umsichtiger fahren. Wer abbiegen will, kann den Radweg schon während des Entlangfahrens beobachten. Und besteht dann trotz allem Unsicherheit und keine Sicht, darf eben nicht einfach gefahren werden. Langsam vortasten oder aussteigen und schauen wäre dann sinnvoll.
Das ist Blödsinn, ausgemachter Blödsinn und Du weißt das auch. Schließlich gibt es in dieser Stadt genug Straßen ohne „Radwege“, auf denen genau so gefahren wird, wie es meiner Ansicht nach richtig ist, und Auffahrunfälle sind ein selbst statistisch überhaupt nicht in Erscheinung tretendes Phänomen.
Warum erwähnst Du nicht auch noch die großen Gefahren, von von LKWs herabstürzender Ladung erschlagen zu werden?
Dein „Gefährdungsbild“ ist typisch ADAC-autozentrisch, was machen denn Deiner Ansicht nach Kinder, Alte und gesundheitlich Eingeschränkte jetzt dort, wo keine „Radwege“ sind? Hilflos herumstehen?
Was viel effektiver ist, als Geld für Radfahrertötungseinrichtungen auszugeben, ist es, Geld für Radfahrerschulungen auszugeben, in denen Radfahrern beigebracht wird, wie sie Radfahren sollten. Das muss natürlich über das 4-Klasse-Grundschule-Niveau des Verkehrskindergartens hinausreichen, und mehr als das nicht-vom-Rad-fallen beinhalten.
Eine Separation ist allenfalls auf sehr verkehrsreichen Hauptstraßen wie z.B. dem Adlergestell, der Ost-West-Achse Straße d. 17.6. – Kaiserdamm oder vergleichbar ekligen Stellen überlegbar, dann aber mit Verstand und nicht durch ADAC-Apologeten geplant.
Der Spiegel des Sprinter war übrigens korrekt eingestellt, und das Beobachten des „Radwegs“ wärend des Entlangfahrens war natürlich nicht möglich, da der „Radweg“ als echter Hochbord“radweg“ hinter parkenden Autos versteckt war. Hast Du in Deinem Leben überhaupt schon mal irgendeine Art von Fahrzeug bewegt und dabei darüber nachgedacht, wie gut Du andere Verkehrsteilnehmer sehen kannst? Ich bezweifle das.
Und Dein Vorschlag „Aussteigen und Schauen“ ist ähnlich bizarr wie die Vollidioten, die im Tagesspiegel-Forum bei jedem überfahrenen Radfahrer die „Hätte der mal nicht auf seiner Vorfahrt bestanden“-Leier aufmachen.
@Nullbock-Horst: im Gegensatz zu dir bin ich schon LKW gefahren. ADAC ist für mich genauso wenig maßgebend wie ADFC. „Denke selbst!“ lautet mein Motto. Ein Problem mit der Erkennung von Radlern hatte ich bisher nie. Und auch umgekehrt habe ich rechtsabbiegende LKW immer im Blick. Und zu den Vollidioten zähle ich mich auch nicht, obwohl ich Radlern eine verstärkte Aufmerksamkeit an Gefahrenpunkten empfehle, zum Selbstschutz. Auch Radwege dienen dem Selbstschutz. Gegen alle „Vollidioten“, die von hinten kommen. Da bleibe ich dabei.
@berlinradler
Von den 2 Sekunden hatte ich auch gelesen. Ich denke, die stimmen nur, wenn man von der aktuell üblichen Geschwindigkeit des Abbiegenden Kfz und einem kontinuierlich verlaufenden Abbiegevorgang ausgeht. Sind die 2 Sekunden zu kurz, ist die Geschwindigkeit zu hoch, ist das nicht so?
Ich bezweifle die 2 Sekunden aber auch. Die Witwinkelspiegel zeigen fast den gesamten Raum rechts neben einem Lkw bis nahezu Querab vom Fahrzeug. Beim Abbiegen zeigt der Weitwinkelspiegel also einen Hochbordradweg fast die ganze Zeit bis zum vollendeten Manöver an. Das soll alles in nur 2 Sekunden stattfinden?
Im Übrigen ist § 56 StVZO hier eindeutig: „Kraftfahrzeuge müssen … Spiegel oder andere Einrichtungen für indirekte Sicht haben, die so beschaffen und angebracht sind, dass der Fahrzeugführer nach rückwärts, zur Seite und unmittelbar vor dem Fahrzeug – auch beim Mitführen von Anhängern – alle für ihn wesentlichen Verkehrsvorgänge beobachten kann.“
Also hätten Fahrzeuge mit „Totem Winkel“ keine Betriebserlaubnis, weil sie gegen §56StVZO verstoßen. Sofort stillegen!
@ Nullbock-Horst
Die Sprinter-Klasse (also Transporter bis 3,5t) sind tatsächlich nicht von den Vorschriften erfasst. Die Hersteller statten diese Fahrzeuge zur Zeit aber ebenfalls mit Weitwinkelspiegeln aus. Deine Erfahrung von vor 5 Jahren hast Du also vermutlich ohne diese Spiegel gemacht. Fahrzeuge ohne Weitwinkelspiegel durften noch nie betrieben werden, da Sie gegen §56 StVZO verstoßen. Das interessiert bei uns bloß niemanden. Stattdessen kontrolliert die Polizei lieber, ob an Fahrrädern die Klingel auch geht.
Drei getöteten Radfahrer des vergangenen Jahres sind von Berufskraftfahrern in Lkw getötet worden, die mit Weitwinkelspiegeln ausgestattet sind. Wenn ich mich richtig erinnere sind in allen drei Fällen die Radfahrer beim Anfahren an der Ampel getötet worden. Radfahrer, die rechts etwas vor dem Lkw stehen sind entweder direkt zu sehen oder im Rampenspiegel sichtbar. Und das deutlich länger als 2 Sekunden. Die Berufskraftfahrer im Lkw schauen schlicht nicht hin!
@kl, selbst denken ist immer gut. Aber ganz ohne Rückgriff auf Informationsquellen, z.B. Unfallstatistiken, kommt man eben nicht weit. Es ist ein weitverbreitetes Phänomen (und Problem), dass Verkehrsgefahren weitgehend aus dem Bauch heraus wahrgenommen werden. Das Bauchgefühl stimmt zwar meistens, in manchen Punkten trügt es jedoch. In Deinem Falle ist viel Arbeit am Bauchgefühl angesagt – das kann man tatsächlich trainieren, so man denn will 🙂
@Nullbock-Horst
Auch auf sehr verkehrsreichen Straßen führt ein Radweg zu zusätzlichen Gefahren. Das Abbiegeproblem bei Einmündungen und Einfahrten tritt natürlich auch auf verkehrsreichen Straßen auf. Viele Auto- und LKW-Fahrer fühlen sich durch den nachfolgenden Verkehr dazu gedrängt, zügig abzubieren und übersehen dadurch Radfahrer. Dazu kommt, dass Autofahrer beim Einbiegen in eine Hauptverkehrsstraße oft länger warten müssen und dabei meist auf und nicht vor dem Radweg stehen und somit den Radfahrern die Vorfahrt nehmen. Dies liegt teilweise an Sichthindernissen (z.B. Parkstreifen zwischen Radweg und Fahrbahn) und teilweise an der Ignoranz der Autofahrer. Dazu kommt die schlechte Ausführung von Radwegen (schlechter Zustand, zu schmal zum Überholen, fehlender Sicherheitsabstand zum Gehweg). Dagegen gibt es viele verkehrsreichen Strecken, bei denen kein Radweg existiert und je nach Tageszeit jede Verkehrsbelastung zwischen freier Strecke und Stau vorkommt. Das funktioniert in der Praxis relativ problemlos und Unfälle im Längsverkehr sind vergleichsweise selten.
Bei Strecken mit häufigen Staus wäre unter Umständen ein ausreichend breiter Schutzstreifen (anstelle der rechten Fahrspur) oder eine für Radfahrer freigegebene Busspur sinnvoll.
Lediglich ausserorts auf vielbefahrenen Straßen kann ein Radweg unter Umständen die Sicherheit erhöhen, wenn es über längere Strecken keine potentiell gefährlichen Grundstückseinfahrten/Einmündungen gibt. In der Praxis wird dieser theoretisch mögliche Sicherheitsvorteil aber meist durch gemeinsame Führung von Radfahrern und Fußgängern, zusätzliche Fahrbahnquerungen sowie unsichere Führung an Kreuzungen zunichte gemacht.
Das wollte ich auch nicht in Abrede stellen. Nur sind die von „kl“ herbeifantasierten Gefahren des auf-der-Straße-Fahrens nur auf sehr verkehrsreichen Straßen überhaupt denkbar.
Außerhalb geschlossener Ortschaften sehe ich das Grundkonzept des Radweges etwas anders, da die Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen motorisiertem und Fahrradverkehr erheblich höher sind. Da ist –zumindest in Deutschland– das auf-der-Straße-Fahren ziemlich unangenehm, das, was in anderen Ländern* (Italien, Frankreich, auch Österreich oder Großbritannien) problemlos funktioniert, nämlich die Rücksichtnahme des motorisierten Verkehrs vor Radfahrern auf der Straße, das ist in Deutschland ausgeschlossen, denn deutsche Autofahrer haben zunächst mal einfach nur recht. Und müssen dieses Recht auch durchsetzen, koste es was es wolle.
Innerhalb geschlossener Ortschaften aber sehe ich einen Bedarf für „Radwege“ aber als nicht gegeben an, für ängstliche (also nicht ausgebildete) Radfahrer ist auf Straßen wie den von mir weiter oben genannten ein sogenanntes „Sicherheitsgefühl“ nachvollziehbar, wenn auch erwiesenermaßen falsch.
Bedenke, ich zieh im Rahmen dieser Diskussion den sogenannten Hochbord“radweg“ eine Radfahrertötungseinrichtung – deutlicher geht es doch gar nicht, oder?
*) natürlich Bauchgefühl, gestützt durch eigene Erfahrungen im Radreisebetrieb
@berlinradler und andere. Ist mir klar, dass ich hier eine Minderheitsmeinung vertrete. Fand diese heute aber gerade mal wieder praktisch bestätigt. Habe gerade ein Rennen gegen öffentliche Verkehrsmittel geliefert. Meine Freundin fuhr mit S-Bahn in Frankfurt Hauptwache los. Ich war mit am Bahnsteig und habe dann erst einmal 5 Minuten gebraucht, bis ich zu meinem Fahrrad kam und losfahren konnte. Sie musste allerdings einmal auf die Straßenbahn umsteigen (bis zu 10 min Zeitverlust). Zielpunkt war eine Haltestelle im etwa 10 km entfernten Fechenheim. Minus 10 Grad kalter Gegenwind laut Wetterbericht mit ca. 22 km/h. Um trotzdem vorher anzukommen, habe ich statt den Radwegen im Anlagenring etwa auf 2 km die parallel verlaufende 3-spurige Autostraße verwendet. Übliches Tempo dort zwischen 50 und 70 km/h. Schon auf diesem kurzen Stück wurde ich zweimal recht knapp und rasant überholt. Feeling wie wenn man an einer Bahnsteigkante entlangradelt, wenn gerade ein Zug durchfährt. Immerhin, ich war zwei Minuten früher als das öffentliche Verkehrsmittel am Ziel. Ziemlich genau die Zeit, die ich durch die Straße gespart hatte. Ob sich das gelohnt hat?
Und kl, wo besttigt dich das bei den Auffahrunfällen von hinten?
Gegen zu dicht überholt werden hilft weiter links fahren, und dickes Fell, wenn gehupt wird 😉
Grundsätzlich glaube ich aber wäre es für alle beteiligten im straßenverkehr entspannter, wenn man es eben nicht konstant als Rennen verstehen würde.
@ze evil Kohl: ich halte rechts immer einen Meter Sicherheitsabstand und werde praktisch nie angehupt. „Rennen“ war da auch etwas übertrieben von mir. Eher Alltagsradler gegen Straßenbahn. Ein bisschen forciert natürlich aber regelkonform. Und bis auf die Straßenabschnitte vollkommen risikolos.
„Immerhin, ich war zwei Minuten früher als das öffentliche Verkehrsmittel am Ziel. Ziemlich genau die Zeit, die ich durch die Straße gespart hatte.“
Die Fahrbahnbenutzung bringt einen Sicherheitsgewinn, keinen Zeitgewinn.
Zum Anhupen/Pöbeln habe ich die Beobachtung gemacht, dass das mitunter straßenabhängig zu sein scheint. Auf der Parchimer Allee kann ich mich auf meine automobilen Mitbürger fest verlassen, anhehupt/angepöbelt zu werden, Britzer Damm ist meist Ruhe, beides Hauptstraßen mit optionalem Radweg. Ich würde gern eine Antwort darauf geben, aber die feinen Damen und Herren machen sich ja schnell aus dem Staub…
@kl: Und auf den beradwegten Abschnitten hast du nicht genauso oft gefährliche Situationen, wenn z.B. Kfz plötzlich 2 sec. vor dir aus Einfahrten rausziehen oder jemand schnell mal rechts abbiegt, ohne deine Vorfahrt zu beachten?
So waren meine Erfahrungen, als ich noch regelmässig Radwege benutzt habe. Ansonsten geht es mir so wie Anke: An einigen Strassen wird man regelmässig behupt oder eng überholt, an einigen passiert nie etwas dergleichen. Mit der Zeit bekommt dann heraus, welche Strecken angenehm, schnell und radweg- und hindernisfrei zu befahren sind. Ich habe jetzt 90% weniger gefährliche Sitationen als früher.
@Kai: ich denke mal, dass meine Außenseitermeinung letztlich auf die unterschiedlichen Verhältnisse in Frankfurt und Berlin zurückzuführen sein könnte. Vermutlich muss man bei der Bewertung von Radwegen auch berücksichtigen, ob diese in der verkehrsdichten City oder außerhalb liegen. Viele Frankfurter Cityradwege sind ja tatsächlich hochgefährlich, wenn man sie nicht extrem langsam und vorsichtig befährt. Zwei Drittel meiner Fahrwege liegen allerdings in Außenbezirken mit deutlich geringerem Gefahrenpotenzial und können schnell befahren werden. Zumindestens mit MTB weil die Oberfläche der Radwege generell deutlich schlechter als die der Straßen ist. Die relativ kurzen Citystrecken kann ich dann auch langsam fahren, ohne damit allzu viel Zeit zu verlieren. In großen Citys wie Berlin muss man eventuell seine Gesamtstrecke auf solchen schlechten Radwegen zurücklegen. Auch die vom ADFC angeführte Dänische Studie zur Gefährlichkeit von Radwegen dürfte überwiegend im Citybereich von Kopenhagen durchgeführt worden sein und ist somit nur auf Citys übertragbar. Leider komme ich nicht an das Original, um die genauen Voraussetzungen zu prüfen. Die Lösung scheint mir für die großen Citys ein Netz breiter Radschnellwege zu sein. Dann sind auch dort wie in kleineren Städten nur Kurzstrecken unter Langsamfahrbedingungen zurückzulegen.
Es hat jetzt wohl übrigens mal einen der extrem seltenen Auffahrunfälle gegeben:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/kreuzberg-verkehrsunfall-radfahrerin-schwer-verletzt/6145610.html
Die Kommentare der Tagesspiegelforenkommentatoren sprechen wie üblich Bände … immerhin nur teilweise.
@Prokrastes, und immer wieder liest man diesen Mist mit … hab ich auch. Wenigstens hab ich nichts vom Taxifahrer gelesen, das versuche ich inzwischen zu vermeiden.
@kl: Du vertrittst ja eigentlich die Mehrheitsmeinung, deshalb finde ich das mal interessant. Komplette Radwegmeider sind 1% der Radfahrer. Du machst eine Abwägung, welche Radwege du benutzt und welche nicht. Das dürften die Meisten so halten.
Eigentlich spricht dein Post ja für sich selbst. Du machst so viele Einschränkungen wie „nur mit dem MTB befahrbar“ „nur in Aussenbezirken“, dass ich eigentlich gar nicht weiter fragen muss. Trotzdem verstehe ich nicht, warum man die ganzen Einschränkungen hinnimmt, nur um den eventuellen Zusammenstoß von hinten zu vermeiden, der seltener ist als der 6er im Lotto. Und den Zusammenstoss von der Seite kann trotzdem immer kommen, weil ein Radfahrer auf dem Seitenweg für viele unsichtbar zu sein scheint. Nicht zuletzt macht das Holpern auf schlechten Wegen auch keinen Spass. Wenn ich soviel Angst hätte, würde ich eher aufs Radfahren verzichten und den ÖPNV nehmen.
@Kai, hast Du nie Angst im Straßenverkehr? Ich gebs ganz offen zu, mir geht das oft so. Und ich denke, da bin ich nicht alleine. Problematisch sehe ich trotzdem, wenn mir vermeintliche Alternativen angeboten werden, die meine Sicherheit nicht erhöhen. Da mag man sich dann an manch vielbefahrener Hauptstraße sicherer fühlen, wenn mans aber nicht ist, nützt das leider gar nix.
Ich selbst meide Radwege, indem ich mir Straßen ohne solche suche. Es gibt nur wenige wirklich fies befahrene Straßen ohne Radweg, die meisten fahren sich mehr oder weniger entspannt. Generalisieren kann man das nicht.
[…] ist natürlich Unsinn. Auch wenn es manch einer nicht glauben mag, es gibt den Toten Winkel noch immer, auch mit normalem Außenspiegel, […]
Wieso werden die schuldigen immer bei den Rentner Fahrer gesucht? Ältere Menschen verhalten sich nicht per se schlechter im Strassenverkehr! Leider nimmt die Hektik auf unseren Strassen von Tag zu Tag zu!