„Beim Öffnen der Taxitür verletzte gestern Abend ein 41-Jähriger einen Radfahrer in Mitte. Der Tourist wollte gegen 19 Uhr 45 in der Prenzlauer Allee aus dem Fahrzeug steigen und bemerkte den 53-Jährigen offenbar nicht, der in diesem Moment auf dem Radfahrstreifen mit seinem Rad an dem Taxi vorbeifahren wollte. Der Radler prallte gegen die Autotür, stürzte und erlitt Verletzungen an der Wirbelsäule und am Bein. Die alarmierten Rettungskräfte der Feuerwehr brachten ihn zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus.“
Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 4119 vom 09.11.2011 – 10:10 Uhr
Auch wenn in diesem Fall rein rechtlich gesehen der Taxigast alleiniger Verursacher des Unfalls ist, trägt der Taxifahrer zumindest eine moralische Verantwortung für den schwer verletzten Radfahrer. Er hat dort zu halten, wo der Taxigast sicher aussteigen kann, ohne sich und andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden oder zu verletzen. Vielleicht wird die Gefahr von Dooring-Unfällen ein wenig geringer, wenn sich Berliner Droschkenkutscher ihre Kollegen aus Boston in den USA zum Vorbild nehmen. In deren Taxis weist ein kleiner Sticker darauf hin, vorbeifahrende Radfahrer zu beobachten, bevor die Taxitür aufgerissen wird.
Lovely Bicycle: Anti-Dooring Decals in Taxi Cab
Tja, wie fahren, wenn der Radstreifen zu eng ist?
Links davon? Regen sich die Autofahrer auf.
Mittig auf dem Radstreifen? Mulmiges Gefühl.
Äußerst links auf dem Radstreifen? Wird man immer nah überholt.
Ich kenn die Unfallstelle nicht und weiss nicht wie breit der Streifen dort ist. An vielen Stellen verzichte ich aber lieber auf Straßen mit Radstreifen.
Der Taxifahrer haftet zivilrechtlich jedenfalls dann für den gesamten Schaden, wenn er Halter des Fahrzeugs ist.
Das Öffnen der Tür zum Aussteigen gehört zur Betriebsgefahr. Der Schadensersatzanspruch gegen den Fahrzeughalter umfasst seit einiger Zeit auch den Schmerzensgeldanspruch.
Ich meine auch wie Oliver, dass der Taxifahrer die Verantwortung trägt (OLG Köln, Az. 11 U 234/91). Bei uns kam es letzte Woche zu einem identischen Unfall zwischen Taxigast und Radfahrerin (beide Arme gebrochen), wobei hier noch zusätzlich der Taxifahrer auf dem benutzungspflichtigen Radstreifen parkte.
@ berlinradler .. vlt hat auch das taxi links des streifens gehalten und die beifahrertür wurde dann auf den streifen geöffnet.
„Vielleicht wird die Gefahr von Dooring-Unfällen geringer …“ … wenn endllich auf Radstreifen verzichtet wird, die den Radfahrer in den Gefahrenbereich zwingen.
In der Fahrschule hab ichs auch so gelernt, dass der Fahrer die Verantwortung trägt. Die Frage find ich aber zweitrangig … muss ja gar nicht erst zu solchen Unfällen kommen.
Ich hoffe inständig, der nun derart Verunfallte keine bleibenden Schäden an der Wirbelsäule zurückbehält.
Ich kenne eine Frau die Zeit ihres Lebens von den Folgen eines solchen Dooring-Unfalls (sie fuhr korrekt auf einem Radweg) gezeichnet sein wird. Die Ärzte waren sich zuerst sicher, sie würde querschnittsgelähmt aus dem Krankenhaus kommen. Doch ihrer Wille und viel Glück hat sie nach über einem Jahr, vielen OP´s und .. und .. und wieder sowas wie ein halbwegs normales Leben führen lassen. Dennoch lebt sie beinah tägich mit erheblichen Schmerzen. Radfahren ging nur noch mit Liegerad, inzwischen sogar nur noch mit Trike.
Diese Unfälle sind DIE PEST.
http://www.cyclelicio.us/2011/bicycle-dooring-video/
Mist. Hatte mir den Link auf die Seite mit dem Video vorher nicht nochmal angeschaut. Es scheint so, als ob das Video aber entfernt worden ist. Ich kann es auch über die allwissende Kugel nicht wiederfinden.
Mein ganz subjektiver Eindruck auf dem täglichen Weg zur Arbeit ist auch, dass die Autisten nun wieder generell weniger mit Radverkehr rechnen und weniger darauf achten; jetzt wo das Wetter herbstlicher wird. Bei dem Wetter fährt man ja auch nicht Fahrrad …..
Mein Eindruck am Montag war, dass es nochmal wesentlich mehr Radfahrer als im Sommer geworden sind. Ich war im Pulk und kam nicht raus. Mal hab ich überholt, dann wieder 1-2 von denen über die rote Ampel, der Rest mitgewartet … wieder im Pulk und immer das gleiche Spiel. Da kann ich verstehen, wenn man aus Kopenhagen erzählt, dass man teilweise nur 20 km/h fahren kann. Andererseits muss es ja auch nicht immer so schnell sein, wenn die Atmosphäre insgesamt schön ist.
Mh, ja, insgesamt mehr ist nach meinem Eindruck auch geworden.
Aber vermutlich bin ich morgen einfach ne Stunde früher dran als der große Rest.
Wenn ich mal ne Stunde länger schlafe, sind auch gefühlt 10 mal mehr Radler unterwegs.
hat jetzt ja alles nix mit dooring zu tun, aber Ihr erinnert Euch, das letzthin von plötzlich 15% Radverkehrsanteil die Rede war? Wüsste gern, ob das jetzt wirklich offiziell sein soll, nachdem 2010 doch noch 13% Sache war. Wäre ja ein rasantes Steigerungstempo. Hieße, in 10 Jahren sind wir dicke über 30% 😉
… und ja, so ein Aufkleber wäre schon mal eine gute Sache. Wäre die Taxi-Innung nicht dafür zu haben? Nicht verzagen, mac befragen (wenn das mal bei TSP auftauchen sollte)
Ich bin vor zwei Jahren das erste und letzte Mal gedoort worden. Bis dahin bin ich geöffneten Türen immer locker ausgewichen. Aber an dem Tag war ich etwas geistesabwesend und bin viel zu dicht an den geparkten Autos vorbeigefahren. Seitdem halte ich ca. 1,50 m Sicherheitsabstand. Autos können mich dann nur überholen, wenn sie die Spur wechseln. Gehupt hat noch keiner. Liegt vermutlich daran, dass ich an solchen Stellen bewusst schnell fahre. Mittlerweile bin ich schon wieder an einigen geöffneten Türen vorbei gerauscht. Macht Spaß, wenn man den Autofahrer sich erschrecken sieht. Radwege sind für den Sicherheitsabstand oft zu schmal. Dann benutze ich eben den Fußweg mit und wenn der Abstand mal gar nicht zu erreichen ist, fahre ich langsam und mit erhöhter Reaktionsbereitschaft.
Sehe ich das richtig, dass innerhalb von 14 Tagen 3 Leute krankenhausreif gedoort wurden? 28.10 – 02.11. – 10.11.
Ich mach mir manchmal so Zettel mit den PM der Polizei, die ich dann mitführe und Leuten in die Hand drücke auf die es passt. Musste mit dem Taxi jetzt ein update machen.
Bilde mir ein, dass das wirkungsvoller (quasi offiziell nüchtern) ist, als rumzuschreien.
… ist leider auch mühseliger 😉
Es sollte Pflicht werden, jedes Auto mit diesen kleinen Aufklebern auszustatten. An jede Tür einen Aufkleber. Kostet nicht viel. Wenn es sagen wir 50 Unfälle/Jahr verhindert, ist schon mal besser als eine Helmpflicht für Radfahrer.
Imo wäre so eine Aufkleberpflicht genau so ein quatsch wie eine Helmpflicht.
Die Leute die unaufmerksam eine Tür öffnen werden das auch weiterhin tun wenn da irgendwo ein kleiner Aufkleber ist. Bewussterer umgang mit dem Straßenverkehr, vielleicht generell ein bewussteres und bedachteres Leben sind da das Einzige das langfristig hilft. Zuviele Träumereien auf allen seiten, zuviel gewohnheit, zu wenig bewusstes Handeln.
Und ja das ganze dooring hier in den Polizeimeldungen sagt uns was? Genau Immer schön Mittig auf der Spur fahren, egal ob da angebotsstreifen eingezeichnet sind oder nicht.
Das ist mal wieder ein Beleg dafür, daß Radfahrstreifen nicht besser sind als Hochbordradwege.
Keine Separation, kein rechts-irgendwo-dran-vorbeifahren.
Die Aufkleber würden hier übrigens nicht viel bringen, weil der hinten aus einem Taxi aussteigende Mensch schlichtweg nicht sinnvoll nach hinten blicken kann, Spiegel existieren da keine, und die Konstruktion üblicher Autos sieht an der Stelle die breite C-Säule vor, die die Sicht nach hinten massiv einschränkt.
Nein, es darf einfach keine Situationen geben, wo rechts an irgendwelchen anderen Fahrzeugen vorbeigefahren wird.
Keine „Radwege“, aber eben auch keine „Radspuren“.
Dann gäbe es auch keine von Rechtsabbiegern gekillten Radfahrer mehr.
@berlinradler: Fahrschule hin oder her, ich habe schon mehrere Fahrschulwagen in Hamburg fotografiert, wie sie zum Wechsel der Fahrschüler vor den Fahrschulen auf Radwegen oder Radfahrstreifen halten, oder aber vor Fahrschulen auf be-pflichtigen Radwegen länger Parken.
@Prokastes: Wenn keine Radverkehrsanlagen (weil angeblich alle gefährlich), dann müsste das Radfahren doch über all dort besonders attraktiv sein, wo es keine gibt. In Städten ohne Fahrradtradition gibt es keine Radwege und Radfahrstreifen, aber deswegen fährt dort auch kaum jemand Rad. Fahr doch mal nach Hagen, Wuppertal, Gelsenkirchen, oder andere Gruselstädte. Da ohne Radwege müsste es dort doch besonders sicher und paradiesisch für Radfahrer sein 😉
Kopenhagen hat viele Radwege und der Radverkehr nimmt in den Straßen jeweils zu, wo neue Radwege gebaut werden.
Selbst bei einer Temporeduzierung auf 30 im gesamten Stadtgebiet und mit Null Radwegen – also ohne Separierung – werden Autofahrer sich ihren Platz erobern, und Radfahrern vor Ampeln wenig Platz lassen zum vorbeifahren zur Haltelinie. Radfahrer werden mit den Autos im Stau stehen und keinen Spaß haben.
@hamburgize, naja ist doch schön. Die Fahrschulen freuen sich sicher, wenn man solche Bilder als Werbung ins Netz stellt.
Ich denke, dass Du Recht hast, was den Zusammenhang von Radwegen und dem Radverkehrsanteil angeht. Prokrastes schreibt ja auch nur, dass diese die Sicherheit nicht erhöhen, sondern oft verringern. Das sind zwei voneinander entkoppelte Themenkomplexe, die sich nicht widersprechen.
Das bedeutet aber nicht, dass man, um den Radverkehrsanteil zu erhöhen, auf Teufel komm raus „Radwege“ bauen muss. Die Zahl der Möglichkeiten geht über das hinaus, was Politik und Verkehrsplanung sich ausdenken. Echte Fahrradstraßen, ausgeschilderte angenehm nutzbare Routen, grüne Wege, Verkehrsüberwachung, Höchstgeschwindigkeiten .. all das sind Stellschrauben. Oftmals würde es ja schon helfen, Parkplätze abzubauen oder zu verschieben – das ist alles eine Frage der Konditionierung des Denkens. Die gesellschaftlichen Sichtweisen auf Möglichkeiten der Verkehrsgestaltung sind eingeschränkt.
Würde gerne mal wissen, wieviele Autofahrer wegen befahrens einer Fahrradstrassse mit Anlieger frei belangt wurden. Wahrscheinlich Null. Deshalb verstehe ich auch die dauerende Rufe nach diesen Strassen nicht so ganz, die fahren sich wie jede andere Tempo 30 Strasse.
Ich rufe nicht umsonst nach „echten“ Fahrradstraßen. Also ohne Anliegerfreigabe. 🙂
In jede Fahrradstraße mehrere Speed Bumps, natürlich umfahrbar für den Radverkehr, und schon sinkt die Attraktivität für den Durchgangsverkehr massiv.
Ansonsten stimme ich Till 100% zu. Fahrradstraßen unterscheiden sich von Tempo-30-Zonen nur durch ein anderes Schild an deren Beginn und Ende.
@berlinradler: Ich kann beim Radverkehr nicht die Hauptstraßen ausklammern. Natürlich könnten dort Parkplätze entfernt werden, aber selbst ohne Parkplätze fährt es sich im Mischverkehr auch bei Tempo 30 auf einer breiten Hauotstraße mit ggf. 6 Fahrspuren unangenehm, und eine grüne Route macht den Radfahrern das Einkaufen an einen Geschäfts- und Hauptstraße nicht attraktiv.
Für Berlin: Auf der Schönhauser Allee wollen auch Radfahrer fahren, weil es dort Ziele auch für Radfahrer gibt, sebst wenn parallel in einiger Entfernung eine Fahrradstraße exisiert.
Ich bin kein Freund von schlechten Radverkehrsanlagen, aber in der ERA steht ja nicht drin, dass in Deutschland Radverkehrsanlagen ausschließlich schlcht gebaut werden sollen.
@hamburgize, ich bin da keiner anderen Meinung als Du. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass die Attraktivität von Radwegen und ihre Unsicherheit nicht unbedingt ein Widerspruch sind.
Hauptstraßen sind ein Problem. Entweder man vermittelt ein sicheres Gefühl durch Radwege oder ein unsicheres Gefühl durch den Verzicht darauf. Keine der beiden Alternativen ist wirklich schön.
Ausklammern kann man Hauptstraßen vielleicht nicht, einfache Lösungen a la „guter Radweg“ gibt es aber meines Erachtens nicht. Wenn man Hauptstraßen für alle Radfahrer Attraktiv machen will und dabei sowohl die Angstgefühle als auch die reale Gefahr runterschrauben will, braucht man völlig andere Ansätze.
@berlinradler: Welche Ansätze?
@Berlinradler: Ein guter Radweg ist immer „eine einfache Lösung“? Klingt irgendwie wie billig, schlecht . . . .
Ich lese daraus, dass Radege in den Niederlanden oder Kopenhagen allesamt schlecht sind.
@hamburgize, für vielbefahrene Hauptstraßen fällt mir keine realistische Lösung, die ihre Benutzbarkeit für Radfahrer angenehm UND sicher macht, ein. Das Problem ist die Anzahl und Geschwindigkeit der Pkw – insofern kann man nur dort ansetzen. Umsetzbar ist das derzeit nicht.
Die Radwege in den Niederlanden und Kopenhagen kenne ich nur aus den Medien, ich war dort noch nicht. Wenn dort die typischen regelmäßigen Unfälle ausbleiben, werden sie wohl gut sein. Ob das so ist, weiss ich nicht.
Es gibt auch hier in Deutschland gute Radwege. Die kann man aber nicht überall bauen, manche Straßen haben viele Aus- und Einfahrten, die jeden Radweg unsicher machen. Manche Straßen sind zu eng, als dass da ernsthaft noch ein Radweg hinkönnte. Bleiben also ausreichend breite Straßen ohne Ein- und Ausfahrten. Und solange man Rechtsabbieger und Radwegnutzer gleichzeitig grün signalisiert, kann der Radweg so „gut“ sein, wie er will – es wird weiterhin regelmäßig Tote und Schwerverletzte geben.
Zur den Gruselstädten:
Diese sind nicht aufgrund des mangels Radverkehrsanlagen gruselig, sondern aufgrund der in den 60-80er Jahren gebauten aufs Auto ausgerichteten Verkehrsinfrastruktur. In solchen Städten fühlt man sich auch als Fußgänger fehl am Platz.
Das Radvehrsanlagen sowas nicht bessern sieht man imo gut an Bremen.
@Berlinradler: Eine Hauptstraße kann nicht zu eng sein, als dass da nicht beideseitig ausreichend breite Radwege hinpassen würden. Siehe Kopenhagen Mehr unter „Visionen“, „Hamburg started undoing dangerous eyesores: Less cycle tracks“ 😉
@Hamburgize, auf die interessanten Teile hast Du gar nicht geantwortet 😉 Also auf das Ausfahrten- und Rechtsabbiegerproblem, das mit Radwegen automatisch einhergeht. Fast immer, wenn ich in Berlin etwas von Fahrradunfällen lese, dann fuhr der Radfahrer auf einem Radweg. Es tut mir leid, aber dieses Konzept ist für mich damit einfach verbraucht.
@Berlinradler: Du erwähnst offensichtlich nur Berliner Radwege als schlechte Beispiele. Dabei kennst Du offensichtlich viel zu wenig Radwegbeispiele. An Radwegen müssen nicht überall Ein- und Ausfahrten sein. Und selbst diese lassen sich besser gestalten als vielleicht die Standardradwegüberfahrt in Berlin. Auch dies ist eine Radwegüberfahrt.
Du kannst Dich gern auf Dein Berlinwissen zurückziehen, aber dann akzeptiere ich nicht Dein facettenarmes „Radwegklischee“ als allgemeingültig 😉
@Hamburgize, und ich kann akzeptieren, dass wir in Bezug auf Radwege unterschiedlicher Meinung sind. Es ist hier völlig normal, dass wir zwar engagierte Radfahrer sind, in den Lösungsansätzen jedoch teilweise andere Richtungen gehen würden. Ich bin beispielsweise kein übermäßiger Mischverkehrliebhaber, dennoch Radwegen gegenüber sehr kritisch aufgestellt, weil sie den Verkehr an neuralgischen Punkten schlichtweg nicht voneinander trennen.
Der Radweg in Deinem Bild mag ok sein, dennoch wird ein Ausfahrender ihn nicht als Verkehrsweg wahrnehmen und bis zur Fahrbahn vorfahren, bevor er das erste mal auf den Verkehr achtet. Das ist meine Erfahrung. Da würde ich jedenfalls nur mit extremer Vorsicht und erhöhter Bremsbereitschaft langfahren.
Und ich kenne zahlreiche Radwegbeispiele aus anderen Städten Deutschlands. Da kommt einem im Großen und Ganzen das kalte Grausen, Berliner Radwege sind überdurchschnittlich gut.
@Berlinradler: Noch nie in Kopenhagen an einer Radwegüberfahrt wie oben verlinkt gewesen, und schon sollen dort Autofahrer Radfahrer umfahren . . . .
Ich empfehle Dir dringend nach Kopenhagen zu fahren. 😉
Hier ein Beispiel ein Kopenhagener Haupt- und Geschäftsstraße mit zalhreichen Grundstücksquerungen und Nebenstraßenüberfahrten. Allerdings: Dieser komplette Straßenabschnitt wird überarbeitet, die Radwege sind mittlerweile in der Breite verdoppelt worden (4 Meter breit je Seite), trotz der „engen“ Straße.
> Noch nie in Kopenhagen an einer Radwegüberfahrt wie oben verlinkt gewesen,
> und schon sollen dort Autofahrer Radfahrer umfahren . . . .
Du begehst einen ganz entscheidenden Fehler: Du nimmst an, daß Autofahrer in Deutschland sich so verhalten wie Autofahrer in Dänemark.
Das aber tun sie nicht. Deutsche Autofahrer haben in erster Linie Recht, dann kümmern sie sich um ihr Auto, und dann, wenn sie noch Zeit übrig haben, dann nehmen sie auf andere Rücksicht.
Und diese komische schlechtgeteerte Hochbordradwegattrappe da würde von deutschen Autofahrern ebenso zugeparkt werden, wie sie von deutschen Fußgängern als Gehweg interpretiert werden würde.
Obendrein ist zwischen den parkenden Autos und diesem Hochbordradweg exakt gar kein Sicherheitsabstand.
Mag sein, daß das in Kopenhagen funktioniert, aber in Deutschland gäbe das Ding kein einziges Todesopfer weniger als der Dreck, der hier schon ist.
Ich will nicht die Fortschritte in Kopenhagen in Frage stellen, der Erfolg gibt der Stadt schließlich irgendwo recht. Allerdings sehe ich in Kopenhagen einen deutlichen Teil des Erfolgs auch in der offensiven Imagekampagne. Substanziell investiert man in _ganz_ Holland seit den 70ern deutlich mehr, macht aber weniger Gewese drum. Beides ist nötig und in beidem (Öffentlichkeitsarbeit und Investitionen) sind uns Kopenhagen und Holland um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte voraus. Öffentlichkeitsarbeit ist genauso ein Schlüssel zur Akzeptanz, die Nullbock-Horst anspricht, wie die Erhöhung der subjektiven Sicherheit bei gleichzeitig hoher realer Sicherheit (hier hat Kopenhagen z.B. in den letzten Jahren nicht zugelegt, mit zunehmendem Radverkehr fühlen sich mehr Radfahrer gefährdet.). Erst wenn mehr Autofahrer die Radperspektive kennen und das Rad schätzen lernen, werden sie nichts mehr gegen bessere Radinfrastruktur haben. So ein Feindbild wie bei uns gibt es glaube ich in beiden Fällen nicht.
Ich habe vor 20 Jahren in Kopenhagen studiert und war bis vor 10 Jahren (also bis vor dem Rad-Boom) immer mal wieder in Kopenhagen. Dann lange Pause und dieses Jahr war ich sehr neugierig auf die Veränderungen. Ich muss sagen, ausser ein paar architektonischen Wagnissen, hatte ich nicht das Gefühl, dass sich soviel an Infrastruktur verändert hatte. Ich bin damals immer von Svanemøllen über Østerbrogade auf diesen Halbbordwegen gefahren und später von Amager über KUA, Islands Brygge ins Zentrum. Zugeparkte Wege gab es praktisch nie, da reichen diese paar Zentimeter Erhöhung wohl einfach aus. Und dieses System war an sich schon eine gute Basis. Wenn man die dann aufbohrt und auch noch im Winter passierbar hält, ist das doch schon die halbe Miete. Eine Radwüste wie in Hamburg (da habe ich nämlich vor und nach Kopenhagen gelebt) hat es zu der Zeit in Kopenhagen eben nicht gegeben und man darf sich auf einen umso längeren Umweg einstellen, je länger man in die falsche Richtung gegangen ist.
Wenn man Kinder, Jugendliche, Ältere nicht dauerhaft vom Fahrradgebrauch ausschließen will, taugen unsere Berliner (deutschen Großstadt-)Radwege und die Radstreifen zusammen mit dem derzeitigen Autoverkehr nicht. Sie stecken voller Gefahren, die nur bei hoher Konzentration, guter Kondition und umfangreichem Gefahrenwissen zu bewältigen sind. Wer das nicht hat – den erwischt es eben, an Auffahrten, an Kreuzungen, an Taxitüren.
Nur grad so ne Idee: Habt Ihr nicht Lust, im nächsten Jahr eine Art Studientour nach Kbh. zu machen? Bei ner passenden Gruppe kann man sich bestimmt auch mit Mikael Colville-Andersen von copenhagenize treffen, in Christiania die Fahrradläden besuchen, sich vielleicht auch mit jemandem von der Stadtverwaltung verabreden – und natürlich ganz viel herumfahren. Wohnen ist teuer, selbst Jugendherberge, Zeltplatz wäre ne Idee, besser noch Zeltplatz mit Hütte ((z.B. Absalon-C.) ). Könnte man natürlich auch mit Holland andenken. Anreise vermutlich besser jeweils ohne eigenes Rad und dann dort leihen. Dänischsprachige Reisebegleitung wäre gegeben, Hamburger dürften mitfahren 😉
Ohne Fahrrad nach KP fahren, um sich KP betreff Radverkehr genauer anzuschauen?
Ey! Hömma! Das wäre aber eine sehr halbe Sache.
Es gibt doch die nette Radroute Berlin-Kopenhagen, die am Stück zu mehreren zu fahren – gepennt wird kurz auf der Fähre – ist schon länger ein Plan von einigen im Radreise-Forum. Nächstes Jahr definitiv geplant und versuchsweise wollte einer schon Anfang November los, leider bin ich seit ner Weile nicht fit genug für sowas (wohne auch nicht gerade nahe zu Berlin).
Aber auch ohne solch einen Privat-Brevet spricht nichts dagegen die Räder mitzunehmen. Bei ner Bahnfahrt kann man sich z.B. von dem Fortschritt bei der Bahn überzeugen *HÜSTEL*.
Bahnreisen mit Rad ist auch ein wichtiger Punkt für eine vollwertigere Integration des Fahrrades in den Alltag, wenn man mehr Autofahrten überflüssig machen möchte.
@ Jochen: Wenn ich Radurlaub machen wollte, hättest Du recht. Mir schwebt eher ein kurzer Trip von 3-4 Tagen in der Stadt vor. Da würde ich dann eher versuchen, auf direktem Wege hinzukommen. Der Radweg Berlin-Kopenhagen hat ja offiziell mehr als 600km. Warum ich in Kopenhagen ein eigenes Rad brauche, weiß ich auch nicht, vielleicht hätte ich auf dem Rückweg aber eins dabei 😉
Ist ja aber alles kein Thema, Zeitraum vor Ort festlegen, Anreise/Abreise selbstorganisiert, fertig.
Jo, ne Kurzradreise. Das Projekt heißt bezeichnenderweise auch BK36, wobei 48 auch im Gespräch war. (-> die 630km in 36 bzw 48 Stunden)
Zurück dann mit dem Zug. (Oder man fährt weiter und macht noch ne richtige kleine Radreise draus. 😀 )
Oops, ich höre eben, es wird nicht der komplette Verlauf gefahren, sondern „nur“ 270km durch D und 160 durch DK und BK36 war dies Jahr, 2012 wird BK24 in Angriff genommen.
Ich hör ja schon auf. 😉
Ich war in diesem Sommer in den Niederlanden in Assen bei David Hembrow (http://hembrow.blogspot.com/). Er zeigt einem die Details der niederländischen Radinfrastruktur in Assen und in Groningen. Kann ich sehr empfehlen! Man würde übrigens viele der Details nie selbst wahrnehmen, wenn man sie nicht gezeigt und erläutert bekommt. Das ist auch mal eine überraschende Erfahrung.
Meine Erfahrungen in Kurzform:
Es müssen viele Details stimmen, nicht nur einige.
Die subjektive Sicherheit ist genau so wichtig wie die tatsächliche Sicherheit, sonst dürfen Jüngere nicht Radfahren und Ältere tun es nicht. Die Niederländer trennen deshalb Rad- und Kfz-Verkehr strikt in Raum und in Zeit (das erhöht die subjektive Sicherheit).
Das Problem ‚Ausfahrten‘ und ‚abbiegende Kfz‘ wird mit verschiedenen Maßnahmen tatsächlich in den Griff bekommen (Ampelphasen nur für den Radverkehr, Aufpflasterung an Einmündungen und Ausfahrten, ‚Haifischzähne‘, also Vorfahrtszeichen auf dem Straßenbelag, etc.).
Die Radverkehrsanlagen machen sich selbst bezahlt, da mehr Radverkehr auch weniger Kfz-Verkehr bedeutet und dadurch weniger Fahrbahnen länger halten. Das spart so viel Geld, dass alle 7 Jahre jeder Radweg grundsaniert werden kann.
Der Erfolg gibt den Niederländern Recht. Der Radverkehr ist nirgendwo so sicher wie dort (und die Helmtragequote ist fast Null, Herr Ramsauer! Warnwesten gibt es nicht. Funktionierende Beleuchtung auch nur selten…). Kinder Radeln im Schnitt ab dem Alter von 8,5 Jahren ohne Begleitung von Erwachsenen zur Schule.
Man darf bloß nicht auf die Idee kommen, als Fußgänger in Amsterdam einen Zebrastreifen ernstzunehmen. Tut man das, kann es durchaus vorkommen, daß man von irgendwelchen Hollandradgurkenfahrern umgenietet wird, die total schockiert reagieren, weil sie a) feststellen, daß da auch Leute langlaufen können, und sie b) keine funktionierenden Bremsen an ihren Gurken haben (Gummiklotz wird mit Gestänge auf Vorderrad gedrückt).
Als Fußgänger ist man in Amsterdam Mensch zweiter Klasse.
[…] aufgebracht, damit Radler nicht durch plötzlich öffnende Türen verletzt werden (siehe hier). Comedian Seth Meyers interpretierte den Sticker in der Sendung Saturday Night Live anders: Wenn […]