Das alte Stadtrad wird neu erfunden.

Die meisten Auguren der Fahrradbranche sind sich ja einig: Stadt und Tourenräder sind die nächsten Jahre der Renner. Klar, viele Städte bauen ihre Verkehrsinfrastruktur mehr oder weniger stark um und promoten das Fahrrad als ideales innerstädtisches Verkehrsmittel. Jetzt haben auch US-amerikanische Fahrradbauer das Cityrad entdeckt. Im nächsten Jahr gibt es in diesem Segment eine Reihe interessanter neuer Fahrräder aus den USA. Hervorzuheben ist die Kategorie der leichten Lasten-Fahrräder mit speziellen Gepäckträger-Systemen.

Am Besten gefallen hat mir das Modell von Trek:

trek belleville

Zwei Gepäckträger, ein langer Kettenschutz, Dreigang-Nabenschaltung mit Freilauf, das Frontlicht im Gepäckträger untergebracht und dazu sieht alles sehr solide aus. Darüber hinaus ist es auch noch hübsch gestaltet. Abstriche gibts nur beim zu kurzen Vorderschutzblech und den spiddeligen Bremsgriffen. Ein gelungenes Alltagsrad.

Specialized hat auch ein interessantes Stadtrad am Start, es heißt Live und ist leider aus Aluminium:

specialised live

Eine neu-Interpretation vom schnellen Zeitungsausträger-Fahrrad der 20er bis 60er Jahre in Frankreich und den USA. Sehr schöne und auch funktionale Schutzbleche, endlich mal in einer ausreichenden Länge! Stabiler Vorderradgepäckträger zum Mitlenken. Zusammen mit dem nach hinten gekröpften Lenker ergibt sich ein sehr gutes handling fürs schnelle Fahren mit Last. Stabiler Doppelständer und Lenkungsdämpfer sorgen für einen sicheren Stand. Scheibenbremsen und Zahnriemenantrieb gibts auch noch dazu, die sind zwar schlechter selbst zu reparieren, aber im Optimalfall recht wartungsarm. Minuspunkte für fehlende Lichtanlage und natürlich das Rahmenmaterial. Ansonsten ein tolles Rad für die Stadt!

Gary Fisher hat ein ganz ähnliches Rad im Programm, das Design des Simple City ist nicht ganz so gelungen wie bei Specialised, wieder fehlt die Lichtanlage und der Rahmen ist aus Aluminium. Doppelständer ist angebaut, aber wo ist der Lenkungsdämpfer? Beim Schutzblech der gleiche Fehler wie beim Trek. Abgekupfert, aber nicht richtig hingeschaut! Trotz der kleinen Schwächen aber ein Fahrrad, das für den täglichen Gebrauch in der Stadt geeignet ist.

gary fisher simple city

24 thoughts on “Das alte Stadtrad wird neu erfunden.

Comments-Feed
  1. na super..so ein ähnliches selbst umgebautes rad benutze ich schon seit jahren zum einkaufen und transportieren..und wurde oft belächelt.nun kommts aus den usa und wird dann IN sein….

  2. ich find‘ retro doof. Sorry.

  3. Ich frag mich echt, was die Amis immer mit diesen Gepäckträgern über dem Vorderrad wollen. Das lenkt sich besch***en und ist auch nicht wirklich für irgendwelche sinnvollen Lasten geeignet, außer man stellt eine Holzkiste rein. Alles andere kleinere fällt da ja durch. Macht Ortlieb in den USA keine Werbung? Ich denke, für den Standardfall ist doch mit einem ordentlichen Gepäckträger und Ortliebtaschen die Sache geritzt… Immer diese komische Milchmann-Retro-Optik. Find das eigenartig, was da für alltagsuntaugliche Dinge nacherfunden werden, die dann benutzt werden müssen, weil man sonst ja nicht dazugehört…
    k.

  4. …kein Licht geht gar nicht…

  5. Ein mitlenkender Gepäckträger macht viel Sinn denn bei höheren Geschwindigkeiten lenkt sich das Fahrrad so besser als mit einem starren Gepäckträger. Voraussetzung ist eine stabile Konstruktion und im Vorbild aus den 60ern noch eine verstärkte Gabelkrümmung. Ist alles schon jahrzehntelang in Frankreich und den USA ausprobiert worden (20er bis 60er Jahre) und dann in Vergessenheit geraten. OK, Retro-Optik ist ne Geschmackssache. Fest steht aber: bis in die 60er Jahre gab es einen großen Erfahrungsschatz, der heute erst mühsam wiederentdeckt werden muss. Kein 0-8-15 Rahmen für alle Fälle wie heute, viele Rahmentypen für viele Radtypen, das gleiche gilt für die Komponenten. Habt ihr mal auf einem Velo Porteur aus Frankreich gesessen?
    Ich habe so ein Rad ein paar Monate in Paris besessen, sehr alltagstauglich!
    Diese Räder sind wirklich extrem ausgetüftelt.
    Siehe z.B. http://velo-porteur-ancien.over-blog.com/

  6. …kann ich bestätigen. den richtigen Rahmen (und Gabel) vorausgesetzt, fahren sich solche Räder überraschend angenhem. So ein Einkaufs/Lastenfahrrad bin ich jahrelang gefahren (ur-ur-altes Diamant mit selbstgebauten Vorder-Gepäckträger) Damit kann man tatsächlich seinen Einkauf sicher und bequem nach hause karren. no-problem

    Allerdings sind diese Einkaufs-Räder für nichts weiter sonst zu gebrauchen. Sie sind einfach zu schwer und nicht wendig. Man bräuchte min. noch ein anderes Rad für sportliche Touren bzw. bequem zur Arbeit…. Und das ist mir zu dekadent.

    Obwohl Zweit-, Dritt-Räder (Es gibt Leute, die haben noch viel mehr davon ;-)) längst nicht so dekadent sind wie Zweit oder Dritt-Wagen (und auch davon – ach naja…)

  7. jetzt fällt mir gerade dieser merkwürdige Knick im Trek-Rahmen-Oberrohr auf. Ist doch nen Witz oder? Sollbruchstelle vielleicht?

    Naja, hauptsache es sieht gut aus 😀

  8. Ein breiter Vorderradgepäckträger ist praktisch, nicht nur wenn man einen Kindersitz montiert hat sondern auch, wenn breitere Sachen transportiert, z.B. Wäsche zum Trocknen. Stadträder mit Freilauf finde ich unpraktisch, da man öfters mal was in der einen Hand hält und dann nur eine Bremse hat.
    Wieso sind Dritt-Räder dekadent, müßen ja alles keine neuen Luxus-Räder sein?

  9. Ich glaube, mehrere Räder zu haben ist dekadent, weil es aus vielen Gründen besser ist, EIN Rad für ALLE Fälle zu haben (z.B. Umelt-, Platz-, Geld-, Pfelgeaufwandersparnis…) Welches Rad das einzig wahre ist, bleibt natürlich jedem selber überlassen. Aber wenn man sich mal ein Rad zugelegt hat, dann sollte man auch dabei bleiben. …bis das der Rost uns scheidet.

    Polyradie ist Sünde!!!

  10. Mehrere Räder zu haben ergibt sich auch einfach, wenn man sich zum Beispiel ein neues gutes Rad leistet und die olle Möhre trotzdem noch bewegt. Gründe hierfür hätte ich: das gute Rad will man nicht an bestimmten Stellen stehen lassen, andere Sitzposition, die allerdings nicht für Touren oder Reisen geeignet sind, bei schleichendem Platten (Überraschung!) hat man auf die Schnell eine Alternative.

    Dann gibts auch noch für bestimmte Zwecke ausgerichtete Fahrradtypen: Lastenrad, Rennrad, Downhill/MTB.

    Ich persönlich mag auch verschiedene Rahmentypen: klassisches Rad mit Schwanenhals (ermöglicht auch elegantes Aufsteigen mit hochgetürmten Kartons auf dem Gepäckträger), Trekking-/Reiserad mit Diamantrahmen, Hollandrad…warum sollte ich nicht alles haben können?

  11. kann ich zustimmen..ein rad würde mir auch nicht reichen..
    von sportlich und teuer bis zum „abendindiestadtwennwegdannnichtganzsoschlimmRad“ 😉

  12. hallo,
    ich möchte noch auf die doch ähnlichen
    räder aus neukölln hinweisen:
    http://www.dailybreadcycles.net/
    grüsse s.p.a

  13. Verbessern mehrere Räder die Lebenssituation? Wird das Leben dadurch wirklich einfacher?

    Ich habe auch nur ein Rad. Da kann man übrigens Sattel und Lenker prima verstellen, wenn man mal ne andere Sitzposition braucht. Und wenn der Schlauch platt ist, ist der Ersatzschlauch (der bei langen Ausfahrten immer dabei sein sollte) in 5 min. eingebaut – ohne Werkzeug….

    Wenn ich mir vorstelle, dass alle meine Mitbewohner im Haus ein zweites und drittes Rad hätten, dann käme niemand mehr durch den Hinterhof! Es gibt so schon kaum Platz. Von den Rädern in unseren Hinterhof machen mir ca. 50% den Eindruck, dass sie im letzten Jahr nicht benutzt wurden. Es gibt also schon genug Schrott auf der Welt.

  14. Verbessern mehrere Räder die Lebenssituation? – Wenn man eine Affinität zu Fahrrädern im Allgemeinen und dann auch noch zum Schrauben daran im Speziellen hat, ja. Kommt noch dazu, Räder nicht nur als Mobilitäts- und Transportgerät, sondern auch zum Sport zu gebrauchen, sind mehrere Räder zwingend notwendig – vor allem dann, wenn man Wert auf anständige Beleuchtung im Stadtverkehr legt.

    Rennrad, MTB, Stadtrad für jeden Tag, Reiserad… ok, wenn jeder im Haus diese Zahl vorweisen könnte, würds problematisch 😉

  15. hmm ..also ich stell meine räder in den keller..und
    zum einkaufen nehm ich nicht das rennrad sondern das wo auch was drauf passt. was hat denn nun lebensqualität damit zu tun?..ich hab spass am radfahren..und durch den spass haben sich halt mehrere räder für verschiedene einsatzbereiche angesammelt..ist halt hobby und alltag bei dem ich das rad nutze.also jedem das seine..hauptsache man had ein fahrrad 🙂 ..und spass daran:-)

  16. was missfällt den Autoren so an Alu als Rahmenmaterial ???
    Das Zeug ist doch mittlerweile recht etabliert (bzw seit jahrzehnten). Fahre selber sowohl Alu als auch Stahl und konnte dem Stahlrenner gegenüber noch keine großartigen Nachteile entdecken. Die arme Hausfrau wird sich aber über die Gewichtsersparniss freuen, wenn der Bock mal runter in den keller muss …

  17. Frontgepäckträger mit hoch liegendem Schwerpunkt sind Schwachsinn. Aber das erkennt eine Generation nicht mehr, die keine anständigen Gepäckträger mehr kennt – so etwas wie der Esge Safari aus den 80ern ist dem ganzen Müll, der heutzutage verbrochen wird, haushoch überlegen, und das, obwohl das Teil selbst auch noch verbesserungswürdig wäre.

    Aber in den 80ern gab es auch sonst noch anständige Fahrradhardware, da war die Amerikanisierung der Fahrradindustrie auch noch nicht vollzogen. Fahrräder sahen noch nicht aus wie Unfälle in der Ofenrohrfabrik, und Cannondale-Fahrer wurden als geschmacklose Exoten betrachtet.

    Was hingegen als echter Fortschritt zu werten ist, sind einerseits „V-Brakes“ als erste ernstzunehmende Seilzugbremse und andererseits die Kombination aus LED-Licht und Nabendynamo. In diesen Bereichen war die Technik der 80er eindeutig mieser.

  18. Hat jemand eine Idee, wo man heutzutage in D. einen Porteur bekommt? So richtig oldschool mit wuchtigen Schutzblechen etc? Wäre nett, wenn jemand Hinweise geben könnte… bin schon länger auf der Suche und habe z.B. bei Ebay noch nie einen gesehen?

  19. Finde ich voll toll!

  20. Hat jemand eine Idee, wo man heutzutage in D. einen Porteur bekommt? So richtig oldschool mit wuchtigen Schutzblechen etc? Wäre nett, wenn jemand Hinweise geben könnte… bin schon länger auf der Suche und habe z.B. bei Ebay noch nie einen gesehen?

  21. in den 80ern gab es auch sonst noch anständige Fahrradhardware, da war die Amerikanisierung der Fahrradindustrie auch noch nicht vollzogen. Fahrräder sahen noch

  22. Toll, was hier alles geht 😉

  23. hallo zusammen,
    ich bin im internet auf das trek belleville gestoßen und habe mich sofort verliebt. dieses model wird ja anscheinend in deutschland nicht verkauft. hat jemand eine idee, wie man an ein trek belleville herankommen könnte?
    ich hoffe, jemand weiß rat…
    vielen dank und grüße aus ravensburg,
    rainer

  24. Neue Lösungen für das alte Stadtrad sind ja immer interessant! Als mein Sohn in Wien zu Besuch war, hat er gerne ein solches gemietet, um die Stadt näher in wenigen Stunden besser kennen zu lernen. Ganz effizient! Zu Fuß könnte er so viele Orte nicht besichtigen, was ich aus seinen Fotos feststellen kann. Recht vielen Dank für die kreativen Ideen!

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