erstmal war die sogenannte „pressekonferenz“ um 15:00, zu der neben vertreterinnen des vereins, der fau und wir eingeladen waren, nicht das, was der name vermuten ließe, sondern ein lockeres standing auf dem werkshof mit einem reporter der bild-thüringen nebst fotograf bei kaffee und erbsensuppe. es wurden einige fragen gestellt zur stimmung am 86. tag der betriebsbesetzung, und der vereinsvorsitzende andre kegel hatte noch eine kleine rede vorbereitet. er bedankte sich im namen der belegschaft noch einmal ausdrücklich für jede geleistete arbeit und die solidarität aller, welche die kampagne unterstützt haben. zum schluss verlas folkert mohrhof von der fau noch einen text, der auch die internationale solidarität verschiedener gruppen und koorperativen hervorhob, und machte danach auch ausgiebig werbung in eigener sache. nach ungefähr 20 minuten war der offizielle teil vorbei, und die bild-mitarbeiter abgefahren. wir bekamen eine fast zweistündige werksführung durch den ehemaligen ifa-standort, wo hier zu ddr zeiten motoren und als konsumgut ca. 100 000 fahrräder im jahr produziert wurden. momentan läge die kapazität bei rund 350 000 bikes jährlich, im akkord sogar bis zu 500 000 stück.
bis anfang juli wurde nur noch für die mifa im zweischicht-system montiert an vier fließbändern. für jeden arbeitsschritt betrug die taktvorgabe zwischen 45 und 60 sekunden, so daß ein fahrrad in durchschnittlich 15 min. fertigmontiert war. parallel gibt es eine eigene laufradfertigung, eine lackiererei, eine schlosserei, eine sandstrahlabteilung, möglichkeiten zur kleinserienfertigung, riesige lager, einen modernen versandbereich und diverse abschnitte für spezialaufgaben. die kollegenschaft ist weit gefächert qualifiziert. einige von ihnen haben noch in der zeit vor der wende hier als motorenbauer gearbeitet, viele sind schon mehr als fünfzehn jahren im betrieb, und die meisten haben familien. die stimmung ist unterschiedlich. nach unserem kurzem einblick können wir natürlich nur mutmaßen. grundsätzlich gilt aber: intern werden keine unteschiede mehr gemacht. eifersüchteleien und konkurrenzdenken gehören der vergangenheit an, alle ziehen an einem strang. im büro sitzen momentan drei, welche damit beschäfgt sind, die anfragen und bestellungen um das strike-bike zu beantworten. das strahlt natürlich sehr positiv auf alle aus und gibt hoffnung. fakt ist jedoch auch, daß der mietvertrag am 31.10. diesen jahres ausläuft, und keiner so genau weiß, was danach passiert, falls bis dahin nicht eine lösung in irgendeiner richtung gefunden wurde.diese könnten sein z.b. sich als produktionsgenossenschaft zu formieren mit neuen konzepten auch hochwertige fahrräder zu produzieren, mit eigener fertigung, in geringeren stückzahlen und zu besseren konditionen. hierzu fehlt ein schlüssiges finanzkonzept und genügend auftraggeber, die nicht nur lippenbekenntnisse abgeben. und, und und…..genau, und so prasseln lauter gutgemeinte ideen auf das kollektiv ein, von denen viele nichts lieber täten, als die maschinen wieder anzuschmeissen. die zeit läuft ihnen davon, die sie bräuchten, um sich mit den vielen neuen sachen zu beschäftigen und zwischendurch auch noch die richtigen entscheidungen zu treffen. und die frage um die produktionsmittel ist längst nicht geklärt.somit also keine einfache situation. bewundernswerterweise haben sie sich ihren humor, ihren mut bewahrt. denn sie wissen, wenn vor dem werkstor die autos solidarisch hupend vorrüberfahren und die streikwache die hand grüßend erhebt, sie haben etwas einmaliges getan, etwas, was hierzulande als gutes beispiel schule machen könnte und sollte, um sich nicht von kapitalgsellschaften wie die mifa für dort gezahlte 5,30 € stundenlohn ausbeuten zu lassen. sie wollen und werden sich das nicht gefallen lassen, wie ersetzbares „material“ behandelt zu werden und nicht mit der würde, die jedem menschen zusteht.
als nachtrag noch einen kleinen wermutstropfen. die ig-metall, welche die belegschaft mehr als zwei monate hingehalten hatte, sie vielmehr noch zu überreden versuchte, den kampf aufzugeben im hinblick auf die konsequenzen, sozusagen angstmacherei betrieb, und die eigentlich in ihrer funktion selbstverständliche unterstützung versagte, sprang erst wieder auf den zug auf, nachdem die „tagesthemen“ der ard einen bericht über die werksbesetzung gesendet hatte. sie warb um die 65 noch nicht-mitgliederinnen ihrer organisation, bot ihnen, um die entscheidung zu erleichtern, zinslose darlehen an. 30 der jetzigen vereinsmitglieder vom bikes aus nordhausen e. v. traten ein. der mitgliedsbeitrag von 30,-€ wurde ihnen umgehend vom konto abgezogen, jedoch wurde bis heute kein einziges darlehen gezahlt. statt dessen wurden wimpel und ig-metall-girlanden aufgehängt, plakate gedruckt, die kaum erfüllbare forderungen an die heuschreckengesellschaft „lone-star“ richtet, welche in den usa residiert, und die unvermeidliche, weithin sichtbare ig-metall-flgge gehißt.
professionell und erfahren wie sie ist, wurde die fau mit der fehlinformation versorgt, die offizielle pressekonferenz am 02.10.2007 sei um 15:00 uhr angesetzt. eine information, die erstmal niemand anzweifelte, was sich im nachhinein als fataler fehler herausstellte. denn in wirklichkeit hatten sich mehrere fernsehteams und redaktionen einiger namhafter tageszeitungen schon um 12:00 im werk eingefunden, so daß die ig-metall allein mit auf dem podium saß, um sich als haupt-solidaritätsorganisations zu präsentieren. die initiatorinnen von cafe-libertad, die fau und viele andere, welche den kampf von anfang an tatkräftig unterstützt hatten, blieben außen vor. vertrauen ist gut, jedoch nicht in jedem fall.
das war’s erstmal von unserer seite.
rad-spannerei team